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Deutschland interessiert sich für verstärkte Zusammenarbeit mit China in Wissenschaft und Technologie
   2005-10-18 17:24:36    cri
In einem Exklusivgespräch mit unserer Korrespondentin Qiu Jing erklärt Herr Dr. Hartmut Keune, warum das Interesse Deutschlands, mit China zusammenzuarbeiten, insbesondere auch auf dem Gebiet von Wissenschaft und Technik, so ausgesprägt ist.

Qiu: Herr Dr. Keune, Sie haben selbst ja doch auch einmal als Wissenschaftler gearbeitet.

Keune: Ja. Ich habe insgesamt drei Jahre in Braunschweig bei der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GFB) gearbeitet und dort sowohl meine Diplomarbeit als auch meine Doktorarbeit gemacht. Und zwar bei dem damaligen wissenschaftlichen Direktor Prof. Fritz Wagner. Das war für mich eine sehr interessante Zeit, weil wir sehr angewandt gearbeitet haben. Das macht eigentlich den Reiz aus, weil man wusste, dass das, was man jeden Tag im Labor macht, nicht nur für irgendwas gut ist, sondern dass das konkret für medizinische oder für andere Anwendung benötigt wird.

Qiu: Ich habe den Eindruck, dass mit dem, was Sie damals mit Prof. Wagner gemacht haben, jetzt in China erst angefangen wird. Es wird sozusagen nachgeholt. Manche Forschungsergebnisse existieren leider noch oft auf dem Papier.

Keune: Was ich beobachte, ist es, dass in chinesischen Universitäten sehr viele angewandte Aspekte bearbeitet werden. Das findet an allen großen Universitäten und sogar in Forschungszentren der Industrie statt. Die Professoren oder auch die Wissenschaftler haben sehr oft direkte Kontakte zu der Industrie. Das Problem scheint mir, dass das dann nicht mehr transparent ist. In dem Moment, wo ich für die Industrie direkt arbeite, unterliege ich natürlich einer gewissen Geheimhaltungspflicht. Dadurch darf ich die gewonnenen Erkenntnisse den Studenten dann nicht mehr weiter vemitteln. Darin sehe ich in der Tat Probleme. Und ich glaube, dass in China schon sehr eng zwischen der Industrie und Forschung zusammengearbeit wird und das sicher oft geschieht.

Qiu: Was halten Sie davon, dass beide deutsche Spitzenforschungseinrichtungen nun mit der chinesischen Akademie der medizinischen Wissenschaften im Bereich Krebsforschung und Infektionskrankheiten stärker zusammenarbeiten wollen?

Keune: Das halte ich für ausgesprochen notwendig und sinnvoll unter sehr unterschiedlichen Aspekten. Der erste Aspekt sind die Themen. Es geht um Krebsforschung und es geht um Infektionskrankheiten. Beides sind Themen, die sowohl für China als auch für Deutschland von größter Bedeutung sind. Für China stehen wahrscheinlich stärker die Infektionskrankheiten, für Deutschland möglicherweise der Krebs im Fokus. Nicht desto trotz haben beide Seiten hier eine Menge Forschungsarbeit zu leisten. Man kann dies immer, wenn man das gemeinsam tut, besser machen. Man lernt voneinander und kann das Gelernte dann auch anwenden. China hat ja eine sehr lange Tradition in der Medizin, eine ganz anders geartete Medizin, wie wir sie in den letzten dreihundert Jahren in Europa entwickelt haben. Aber beide können sich, glaube ich, sehr gut ergänzen. Wir erleben heute immer mehr in der modernen Medizin, wie wir sie bezeichnen, dass die erhofften Ergebnisse ausbleiben. Deshalb müssen wir vieles, was in der Traditionellen Chinesischen Medizin gemacht wurde, berücksichtigen und teilweise in die moderne Medizin einbinden. Ich nenne da zum Beispiel die Ganzheitsmethode bei der Krankheitsanalyse. Ein weiterer Aspekt, der mir wichtig erscheint, ist die Einbeziehung der Industrie und damit die Anwendung dessen, was hier erforscht werden soll. Ein vielleicht für mich wichtigster Aspekt ist natürlich, dass Wissenschaftler aus beiden Ländern zusammenarbeiten. Ich wünsche mir, dass sowohl jetzt in der Folge noch mehr Wissenschaftler aus China, auch junge Wissenschaftler aus China, nach Deutschland kommen, aber auch, und das scheint mir auch sehr wichtig, dass immer mehr deutsche Wissenschaftler in China tätig sind. Wir haben in Europa viel zu lernen, was China anbetrifft, und da besteht einiger Nachholbedarf.

Qiu: Sie haben bereits drei Jahre in China verbracht. Als First Counsellor für Wissenschaft und Technologie der deutschen Botschaft in China haben Sie bestimmt ganz viel persönliche Erfahrung über die jüngste Entwicklung der chinesischen Wissenschaft und Technologie.

Keune: Ja, China schickt sich an, in fast allen Bereichen von Wissenschaft und Technik in die Weltspitze aufzurücken. Und das machen die Verantwortlichen für die chinesische Wissenschaftspolitik auch überall und immer deutlich. Es werden auch mehr und mehr finanzielle Mittel vom Staat für die Wissenschaft bereitgestellt. Man möchte in der Ersten Liga spielen. Daneben muss aber berücksichtigt werden, dass China ein sehr großes Land ist und die Breite der Forschung und die Qualität in der Forschung, wie wir sie vielleicht in Nordamerika oder Europa haben, hier noch nicht gegeben ist. Das heißt, es gibt Spitzeninstitute mit Spitzenleistungen, aber es fehlt noch die gesamte Breite im Land. Nichts destro trotz ist auch hier nicht nur das Ministerium für Wissenschaft und Technologie, sondern auch das Erziehungsministerium sehr bemüht, diese Breite herzustellen. Ich bin sicher, in 10 bis 15 Jahren wird China in der ersten Liga Spitzenreiter sein..

Qiu: Was kann Deutschland dabei für eine Rolle spielen? Deutschland hat ja in den letzten Jahren seine Präsenz in China verstärkt. Wissenschaft und Technik haben hier wahrscheinlich eine Vorreiterrolle gespielt?

Keune: Für Deutschland ist es sehr wichtig, mit China, aber auch mit anderen Ländern in Asien oder in der Welt, zusammenzuarbeiten, gerade auf dem Gebiet von Wissenschaft und Technologie. Das ist enorm wichtig, weil wir zunehmend von den Ergebnissen von Wissenschaft und Technologie leben. Wir müssen uns auf den Bereich Wissenschaft und auf den Bereich Innovationen konzentrieren. Aber das funktioniert nur in Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Und China ist als bevölkerungsreichstes Land der Welt schon heute ein ganz wichtiger Player und in der Zukunft ein noch wichtigerer. Deshalb ist das Interesse Deutschlands und - das darf ich wohl sagen - ganz Europas enorm ausgeprägt, mit China zusammenzuarbeiten, insbesondere auch auf dem Gebiet von Wissenschaft und Technik.

Qiu: Vielen Dank für das Gespräch!

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