Fang Kunyao ist Schüler der fünften Klasse an der Grundschule Shuijilu in Tangshan. Nach dem Ende des Unterrichts um 16:00 Uhr geht er jeden Tag zur Station für Jugendliche der zweiten Kommune in der Hebei-Straße, die etwa 500 Meter entfernt von seiner Schule ist. Dort macht er seine Hausaufgaben und beteiligt sich anschließend an kulturellen und sportlichen Aktivitäten. Er spielt auch mit Gleichaltrigen und wird später von seinen Eltern abgeholt.

 "Seit nun vier Jahren komme ich jeden Tag hierher. Die Lehrer und Betreuer hier helfen uns bei den Schularbeiten. Ich bin immer sehr glücklich, wenn ich in der Station sein kann. Ich kann hier mit anderen Kindern spielen, sowohl mit meinen Schulkameraden als auch mit Schülern aus anderen Jahrgängen. Wir wurden zu guten Freunden."

In dieser Station sind neben Fang Kunyao noch über 40 weitere Kinder anzutreffen. Sieben, manchmal acht Lehrer betreuen die Gruppe. Es handelt sich dabei meist um bereits pensionierte Angestellte der Gemeinde. Sie alle machen diese Arbeit in der Station freiwillig in ihrer Freizeit.

Um die Arbeit der Freiwilligen zu koordinieren, sind in der Kommune spezielle Beratungsstellen eingerichtet worden. Dazu wurde auch ein eigener Leitspruch entwickelt, nämlich: "Wenn Sie Schwierigkeiten haben, wenden Sie sich an die Freiwilligen; wenn Sie Zeit haben, werden Sie ein Freiwilliger". Mehr als zehn Freiwilligenteams für juristischen Beistand, medizinische Betreuung, die Reparatur von Haushaltsgeräten oder auch für Schutz und Hilfe alter und behinderter Menschen sind so entstanden. 2006 haben sich in dieser Kommune exakt 5.495 Menschen als Freiwillige engagiert und leisteten mehr als 250.000 Stunden sozialen Einsatz.

Tatsächlich aber sind die Freiwilligenteams in der Hebei-Straße nur ein kleiner Teil aller freiwilligen Helfer in ganz Tangshan. Denn dort sind mittlerweile Menschen in den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen aktiv. Zudem wurden deren Tätigkeiten bereits ins standardisierte Verwaltungssystem der Stadt aufgenommen. Huang Jingdong von der Stadtregierung in Tangshan sagt:

"Jeder Freiwillige hat seine eigene Akte, die wir hier verwalten. Einerseits helfen die Freiwilligen anderen Leuten. Wenn aber die Freiwilligen selbst irgendwelche Probleme haben sollten, kann auch ihnen von anderen geholfen werden. Unsere Freiwilligen sind in den unterschiedlichsten Organisationen engagiert. Dabei sind Regeln, Methoden, Inhalte und Aspekte der Aktivitäten der Freiwilligen festgelegt. Dieses System ist in Tangshan bereits sehr entwickelt."

Darüber hinaus unterstützen auch viele Menschen eigenständig ihre Mitbürger, die von Schwierigkeiten oder Armut betroffen sind, ohne in bestimmten Organisationen registriert zu sein. Eine von ihnen ist He Xuehong, eine Bürgerin aus Tangshan.

Sie besuchte beispielsweise am Sechsten November 2007 wieder ihren "Bruder" Fan Dongsheng. Fan Dongsheng und dessen Frau sind beide blind, und deren ganze Familie lebt von der Sozialhilfe. He Xuehong kümmert sich bereits seit 30 Jahren freiwillig um Fan Dongsheng und seine Familie. Das rührt Fan Dongsheng natürlich sehr.

"Ich kann mich erinnern, als meine Frau stationär behandelt wurde, blieben sie und ihre Tochter die ganze Nacht im Krankenhaus, um sich um sie zu kümmern. Am zweiten Tag ging sie wieder zur Arbeit, ohne geschlafen oder eine Pause gemacht zu haben. Sie selbst leidete einst an einer schweren Herzkrankheit. Sie hat uns aber nicht gesagt, dass sie stationär behandelt wurde."

Seit einigen Jahrzehnten kümmert sich He Xuehong also bereits um Fan Dongsheng und seine Familie. Daher betrachtet Fan Dongsheng auch He Xuehong fast als seine eigene Schwester.

In den vergangenen Jahren haben die Aktivitäten der Freiwilligen in Tangshan deutlich zugenommen. Es gibt immer mehr Leute wie He Xuehong, und die etwa 50-jährige He Xuehong ist sehr erfreut über diese Situation. Sie sagt, die Kräfte eines Menschen seien immerhin beschränkt. Nur durch die Hilfe anderer Menschen und mit gegenseitiger Unterstützung könne die Gesellschaft von einer wärmeren Atmosphäre geprägt werden.

Huang Jingdong von der Stadtregierung erzählt uns, dass es 1976 in Tangshan ein starkes Erdbeben mit der Stärke von 8,0 auf Richter-Skala gab. Damals lag die ganze Stadt in Ruinen. Da sie in einer neuen, wiederaufgebauten Stadt leben, verstehen es die Bürger dort sehr wohl, anderen Leuten gegenüber dankbar zu sein. Die Tangshaner haben ein gutes Gespür für solch eine Situation. Es gehört zu den wichtigen Inhalten der Erziehung in Tangshan, die Freiwilligenaktivitäten zu unterstützen und zu verbreiten. In der Stadt wurde so das Dienstleistungssystem der Freiwilligen immer weiter verfeinert, um ein angenehmes und gesundes Miteinander zu gestalten. Huang sagt weiter, in absehbarer Zeit werde der Spruch "Wenn Sie Schwierigkeiten haben, wenden Sie sich an die Freiwilligen; wenn Sie Zeit haben, werden Sie ein Freiwilliger" in der ganzen Provinz Hebei, ja sogar im ganzen Land populär sein.