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Johannes Pflug zu chinesisch-deutschen Beziehungen
   2007-09-14 17:33:51    Seite Drucken    CRI

Vor kurzem hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren zweiten China-Besuch beendet. Im Rahmen ihrer China-Reise hat die Kanzlerin mit dem chinesischen Ministerpräsidenten die groß angelegte Kampagne „Deutschland und China- Gemeinsam in Bewegung" offiziell gestartet. Mit dieser Veranstaltung begannen auch die offiziellen Feierlichkeiten zum 35. Jahrestag der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen China und Deutschland. Aus diesem Anlass hat unser Deutschland-Korrespondent Yan Wei mit dem Vorsitzenden der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe im Bundestag Johannes Pflug ein Gespräch geführt. Der SPD-Politiker berichtete über Merkels China-Besuch, über die Entwicklung und die Zukunft der deutsch-chinesischen Beziehungen und über die Probleme der zwischenstaatlichen Beziehungen.

Yan: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor kurzem China besucht. Es gab ein ganz breites Themenspektrum, das Frau Merkel mit der chinesischen Führung angesprochen hat. Hat Frau Merkel bei diesem Besuch ihre Ziele erreicht?

Pflug: Ich denke schon, dass Frau Merkel, das, was sie sich vorgenommen hatte für den Besuch, auch im Wesentlichen erreicht hat, vor allen Dingen auch alle Themen angesprochen hat. In ihrer Delegation waren ja zugleich fünf Abgeordnete des Deutschen Bundestages, sie hat eine sehr große Wirtschaftsdelegation mitgenommen mit Spitzen der deutschen Wirtschaft und außerdem auch eine Delegation von Vertretern der Medien. Sie hat natürlich angesprochen Fragen der Energiepolitik, des Umweltschutzes, aber auch der Menschenrechte. Aber alleine die Größe der Wirtschaftsdelegation zeigt, dass natürlich auch die Wirtschaft einen wesentlichen Schwerpunkt bildete, in ihrer Agenda. Und soweit wir dabei waren, als Abgeordnete und ich glaube, wir haben 60-70 Prozent des Programms von Frau Merkel mitgemacht, kann ich nur sagen, sie hat alle Dinge sehr offen angesprochen.

Yan: In China hat Frau Merkel auch an einer Feier zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Deutschland vor 35 Jahren teilgenommen. Können Sie bitte einen kurzen Überblick über die Entwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen in den vergangenen 35 Jahren geben?

Pflug: Nun sind die Beziehungen ja aufgenommen worden, wie sie sagen, 1972. Das ist noch die Zeit von Willy Brandt und später von Helmut Schmidt gewesen. Damals standen die Beziehungen natürlich sehr stark auch unter dem Gesichtspunkt wirtschaftlicher Zusammenarbeit. So haben sie sich auch zunächst einmal fortentwickelt, auch unter Kanzler Kohl, auch unter Kanzler Gerhard Schröder. Aber in diesen Jahren ist natürlich die Bedeutung der Volksrepublik China enorm gestiegen. China ist zu einer Wirtschaftsmacht geworden und mit der Wirtschaftsmacht ist China natürlich auch allmählich zu einer politischen Macht geworden und spätestens, wenn jemand zu einer politischen Macht wird, steht er natürlich vor der Frage, ob er auch bereit ist, mehr internationale Verantwortung zu übernehmen. Und damit begannen natürlich auch die Forderungen an die Volksrepublik China, in der Tat internationale Verantwortung zu übernehmen. Unter Kanzler Gerhard Schröder ist der Rechtsstaatsdialog eingeführt worden. Der Rechtsstaatsdialog hat sich insgesamt sehr positiv entwickelt, auch der Menschenrechtsdialog, der daran anknüpft. Ich denke, dass gerade jetzt, auch unter dem Gesichtspunkt der neuen Rolle Chinas, China hat ja die Moderatorenrollen auf der koreanischen Halbinsel übernommen. China ist natürlich als Vetomacht im Sicherheitsrat der Vereinigten Nationen gefragt, wie bei den Resolutionen zum Libanon seiner Zeit oder auch zum Sudan, ist es natürlich notwendig, dass man mit der Volksrepublik China auch wesentlich stärker redet, um eine gemeinsame oder partnerschaftliche Sicherheitspolitik, Umweltpolitik, Energiepolitik und natürlich auch Entwicklungspolitik in Afrika, in Zentralasien und wo auch immer. Das ist, glaube ich, die qualitative Veränderung. China wird allerdings dabei auch feststellen, dass es teilweise auch eigene Interessen zurückstellen muss.

Yan: Gerade haben Sie gesagt, dass China mehr internationale Verantwortung übernehmen soll. Frau Merkel hat China auch mehrmals ermuntert, Fortschritte zu machen. Die chinesische Regierung spricht von einer gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung. Sehen Sie in den Formulierungen Unterschiede?

Pflug: Na ja, das ist natürlich insbesondere die Formulierung, die gerne verwendet wird, wenn man über die Klimapolitik redet. Es ist völlig klar, China ist nicht nur das Land mit den Städten Shanghai, Shenzhen und Peking, sondern es gibt natürlich nach wie vor gravierende Probleme auf dem Lande. Es gibt wesentliche Disparitäten in der Einkommensverteilung und in der Umweltpolitik und damit ist China, wie auch Wen Jiabao immer wieder sagt, noch ein Entwicklungsland. Aber mit 1,3 Milliarden Menschen. So wenn ich jetzt die Klimapolitik pro Kopf rechne, wenn ich alles durch 1,3 dividiere, hat China natürlich einen riesigen Entwicklungsspielraum, auch hinsichtlich der wirklichen Luftbelastung des Klimas. Das kann so nicht akzeptiert werden. Auf der anderen Seite, denke ich, ist die Forderung durchaus berechtigt, dass China sagt, wir haben erhebliches Nachholpotential. Das gilt natürlich auch für Indien und andere Länder. Dem müssen auch die Industrieländer Rechnung tragen. Deshalb würde ich mich jetzt nicht auf eine Formal festlegen, aber man darf auch keine allgemeine Gleichmacherei betreiben.

Yan: Wenn man die Entwicklung der deutsch-chinesischen Beziehungen in den vergangenen Jahren betrachtet, was für eine Grundlage kann man feststellen für diese Entwicklung.

Pflug: Also, wie haben eine wirtschaftliche Grundlage, sehr intensive wirtschaftliche Beziehungen. Ich glaube, über die wirtschaftlichen Beziehungen hinaus haben sich auch sehr intensive politische Beziehungen herausgebildet. Das ist ja mittlerweile üblich, dass gegenseitige Besuche mindestens einmal im Jahr stattfinden. Und ich glaube, dass sich auch allmählich ein Vertrauensverhältnis herausgebildet hat und man muss zusehen, dass dieses Vertrauensverhältnis auch nicht belastet wird. Denn es ist noch ziemlich fragil. Es ist nicht so, dass man sich gegenseitige Grobheiten erlauben könnte, sondern das Vertrauen muss weiter gestärkt werden. Aber es muss auch dazu führen, dass man sehr offen die Themen anspricht, wie es, glaube ich, Frau Merkel gemacht hat und auch Wen Jiabao. Und dass man sich natürlich international darauf einigt, wie man gemeinsam Konflikte vermeidet, Entwicklung betreibt und natürlich auch bereit ist, teilweise eigene Interessen zurückzustellen. Das gilt natürlich jetzt nicht nur für China, sondern gilt natürlich auch für andere Mächte.

Yan: Es bleiben in den deutsch-chinesischen Beziehungen noch Fragen offen. Beispielsweise Klimaschutz, Menschenrechte und die Aufhebung des Waffenembargos, das würde ich nennen, auch Schutz des geistigen Eigentums. Wie sind diese Probleme aus Ihrer Sicht zu lösen und die eventuell negativen Auswirkungen für die bilateralen Beziehungen zu beseitigen?

Pflug: Also, ich sehe die geringsten Probleme in der bilateralen Zusammenarbeit beim Klimaschutz. Möglicherweise sind sie große Probleme in der Realität, die gelöst werden müssen. Aber bei meinen Chinabesuchen, auch in diesem Jahr, habe ich auch in den Provinzen festgestellt, dass eine hohe Sensibilität, gerade für die Umweltpolitik vorhanden ist, auch für den Klimaschutz. Das war auch jetzt bei der Merkelreise wieder deutlich. Da glaube ich, wird man sehr gut und sehr schnell miteinander kooperieren. Es ist ja auch ein Rahmenabkommen unterzeichnet worden mit der chinesischen Planungsbehörde, wo also in einem Rahmen zunächst mal festgelegt wird, wie die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland oder zwischen den chinesischen und deutschen Unternehmen erfolgen kann. Da ist eine hohe Sensibilität vorhanden. Ich glaube, das Geld ist vorhanden. Es ist der Wille vorhanden, das Know-How und so weiter, ich glaube, da kommt sehr schnell zu einer Einigung. Dann hatten sie noch das Waffenembargo angesprochen, also da habe ich eine persönliche Meinung zu sagen, ich bin immer sehr restriktiv gewesen, überhaupt mit Waffenhandel, aber dass ist nicht nur meine persönliche Meinung, ich glaube, deutscher Export sollte möglichst nicht vom Waffenexporten oder Waffenhandel leben. Der Zeitpunkt ist im Augenblick nicht da, dass man also jetzt das Waffenembargo aufheben sollte. Ich glaube auch nicht, dass es eine große symbolische Wirkung hätte. Das halte ich im Augenblick nicht für den Zeitpunkt, wo man es machen sollte. Übrigens glaube ich auch nicht, dass es auf der europäischen Ebene durchsetzbar ist, weil die Rolle von Sarkozy noch nicht klar erkennbar ist. Es deutet einiges daraufhin, dass es eine nähere Verbindung zu den Vereinigten Staaten eingehen will. Aber wie er sich insgesamt verhalten wird, auch in der Chinapolitik, das muss man also noch erst abwarten.

Der Schutz des geistigen Eigentums ist ein Punkt, der wichtig ist. Und ist auch von Frau Merkel angesprochen worden, in Hinblick auf die Automobilmesse. Da glaube ich auch, da ist mittlerweile eine hohe Sensibilität in der chinesischen Regierung vorhanden, weil natürlich auch chinesische Unternehmen, demnächst natürlich auch in den Export drängen werden. Es gibt ja durchaus auch immer wieder die Erkenntnis oder die Information, dass demnächst mindestens 15 chinesische Unternehmen global tätig werden sollen und auch sie sind daran interessiert, dass ihr geistiges Eigentum geschützt werden soll. Ich habe auch in der Wirtschaft den Eindruck, dass es zwar immer noch ein Thema ist, aber nicht mehr das Thema, das es vor zwei Jahren war. Da gibt es Fortschritte und ich denke, wir sind auf einem guten Wege.

Yan: Auf welches Prinzip sollen die deutsch-chinesischen Beziehungen in Zukunft setzen? Welche Fördermaßnahmen müssen getroffen werden, um die bilateralen Beziehungen stabil und konsequent zu entwickeln?

Pflug: Also, das Prinzip sollte sein: Ehrlichkeit im Umgang miteinander, man sollte keine Themen ausklammern, Vertrauen auch vor allen Dingen Rücksichtnahme auf die Probleme des Anderen. Wenn wir das so weitermachen wie bisher, glaube ich, dass diese Prinzipien durchaus erfüllt sind. Man muss sie weiter entwickeln. Darüber hinaus, meine ich, sollten wir den Jugendaustausch verstärken, Studentenaustausch. Frau Merkel hat auch dieses Problem angesprochen. Ich glaube, es ist vereinbart worden, zusätzlich 400 Jugendliche auszutauschen. Ich leiste meinen eigenen Beitrag dazu. Ich werde im nächsten Jahr eine Chinesin bei mir im Berliner Büro einstellen. Auch das könnte natürlich durchaus erweitern, über den Bundstag muss man reden. Wissenschaftsaustausch, Austausch von Sportlern, das ist ein gutes Prinzip. Fördermaßnahmen, nun gut, ich denke jeder Jugendaustausch, Kulturaustausch oder Wissenschaftsaustausch wird natürlich durch entsprechende Förderungsmaßnahmen sowieso unterstützt. Es gibt bei uns eine Debatte darüber, ob die Entwicklungshilfe an China weiterhin gezahlt werden soll. Ich weiß nicht genau, glaube, es sind zurzeit noch rund 69 Millionen, damit wird aber auch der gesamte Rechtsstaatsdialog bezahlt. Soweit ich informiert worden bin, auch in China selbst, werden daraus sehr nützliche Projekte finanziert. Das halte ich für sinnvoll, andererseits will ich nicht verkennen, viele Kollegen sagen, mit 25 Millionen könne man alleine in Afrika viel Gutes tun. Das ist eine Abwägungsfrage. Mein bisheriger Kenntnisstand ist der und das bildet auch meine Meinung, wie sollten es zunächst mal weiter machen, aber muss das wirklich dann jährlich prüfen, ob es noch erforderlich ist.

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