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Bio in China – Eine Frage des Vertrauens
  2013-11-28 14:41:39  CRI
Wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin. Die Tomate made in Germany, mit Biosiegel, in der braunen Öko-Tüte würde in Deutschland kaum ein Kunde hinterfragen. In China ist das anders. Aus vielerlei Gründen. Zum einen gibt es einen Bioladen oder Markt, der Vertrauen suggeriert, in diesem Sinne nicht. Manche Supermarktfilialen von zum Beispiel dem französischen Einzelhändlerriesen Carrefour bieten zwar in ihren Gemüsewelten eine Mini-Auswahl an zertifiziertem Bio an. Viel bleibt dort trotz Sonderpreisen aber liegen. Woran liegt das?

Wer in der Volksrepublik an Biokost interessiert ist, schaut im Internet. Bauer Zhou betreibt im Norden der Stadt nahe der Großen Mauer bei Badaling eine Bio-Farm. Gemüse wird jeden Tag geliefert, für 20 RMB das Pfund. Das sind umgerechnet satte 2,40 Euro – Stammkunden habe er trotzdem viele, meint Zhou.

Zur 11. International Organic and Green Food Expo, einer eher überschaubaren kleinen Schwester der Biofach in Shanghai, auf der sich auch Zhou präsentiert, sind keine großen chinesischen Öko-Player gekommen – Organic Farm zum Beispiel, deren Pfund Tomaten wegen Absatzproblemen im eingangs erwähnten Carrefour gerade für „zwei zum Preis von einem" erhältlich ist. Kleine Anbieter werben mit ökologisch angebautem Tee, Reis oder Sanddornsaft: Auf die Frage, wo das eigentlich verkauft wird, eine Antwort: online.

Klaus Griesbach, deutscher Öko-Veteran, der in Hamburg 1972 den ersten Bioladen eröffnete, arbeitet für den IT-Konzern Tootoo als Berater und Kundenbetreuer. Tootoo verkauft schon lange Lebensmittel online, zehn Prozent davon sind seit 2008 „organic". Mit diesem Label werde in China aber noch jede Menge Unfug getrieben, erzählt Griesbach, der seit vielen Jahren in der Biobranche in China mitspielt und sich auf der Messe umschaut. „Papier ist geduldig, man muss sich selber ein Urteil machen". In Deutschland oder Frankreich sei das übrigens früher nicht anders gewesen, fügt Griesbach schnell hinzu und betont: „In China steckt Bio noch in den Kinderschuhen." Tootoo ist doppelt zertifiziert, nach chinesischen (COFCC) und europäischen Standards (Ecocert).

Doch China hat zu viele Lebensmittelskandale erlebt. Selbst mit Siegel bleibt der chinesische Endverbraucher skeptisch: Interessant, vor allem vor dem Hintergrund, dass das Biozertifizierungsverfahren in China seit 2012 als härtestes der Welt gilt. Die neuen Regularien scheinen auf große Betriebe mit Exportkapazitäten ausgelegt und haben viele Kleinbauern vor den Kopf gestoßen, denn sie sind teuer. Vom Markt verdrängen haben sie sich dadurch aber nicht lassen – durch Transparenz.

Auf der derzeit beinahe einzigen Alternative zum Online-Bio-Lebensmittel-Shopping, dem wöchentlichen Farmer's Market in Beijing beispielsweise, ist nicht ein zertifizierter Bauer zu sehen. Dennoch kommen und kaufen so viele Menschen, dass die Organisatoren einen Laden eröffnen. Auf dem Markt verkaufen die Bauern persönlich, sie berichten von ihrem Anbau, sie laden Interessierte ein, sich selbst ein Bild davon zu machen. Und diese Einladungen nehmen viele wahr.

Das weiß auch Tootoo: Am Wochenende kommen Städter raus aufs Land und inspizieren Gewächshäuser mit Salatkopf oder Blumenkohl beziehungsweise Schwein und Huhn im Freilandgehege einfach selbst. Li Jun, der mit Klaus Griesbach zusammenarbeitet, glaubt an das Konzept, an angemessene Preise und an Mundpropaganda. „Meine Chefin hält die Preise bewusst niedrig, eigentlich ist Bio hier bis zu fünf Mal teuer", erklärt Li und wünscht sich mehr Unterstützung von der Regierung für ökologischen Landbau. Tootoo kann sich eine Preispolitik für Bio-Produkte, ohne Gewinne einzufahren, leisten, kleinere Betriebe nicht. Er sagt noch, dass chinesische Kunden immer noch größeres Vertrauen in Produkte aus dem Ausland setzen und, dass es schwierig sei, das Image inländischer Erzeugnisse aufzuwerten.

Das Zertifizierungsverfahren und die damit verbundenen Ausgaben für Tootoos Öko-Sparte haben sich selbstverständlich trotzdem gelohnt, schließlich ist die konzerneigene Farm in Pinggu, ein Bezirk vor den Toren der Hauptstadt, Vorzeigemodell für biologischen Anbau. Und: Für internationale Kunden spielen vertrauenswürdige Siegel eine größere Rolle. Ihr Anteil an der Zielgruppe wird allerdings kleiner, denn der Großteil der Kundschaft besteht nicht nur bei Tootoo mittlerweile aus Chinesen.

Im Derunwu-Gewächshaus: Betreiber Ji Yunliang (siehe Foto) war vor acht Jahren einer der ersten Bio-Anbieter auf dem Farmer's Market. Eine Zertifizierung kann sich der Kleinbauer mit vier Gewächshäusern nicht leisten. Auf der Derunwu-Webseite wird neben Gemüse und anderen Bio-Produkten aber sehr viel Information über die Farm und den ökologischen Anbau geboten.

Tootoo-Gewächshäuser gewappnet für den kalten Winter

Freilandhaltung bei Tootoo – Gänse halten Marder von den Hühnern fern

Tootoos Schweine im Freilandgehege

Wintererdbeeren bei Tootoo – Die Wärme im Gewächshaus macht's möglich

Eine Freude für Kunden aus Deutschland – Bio-Kohlrabi

(Von Marie Müller-Diesing)

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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