(Die Hügel rund um die Ausgrabungsstätte)
Beijingren oder Beijing Yuanren (Affenmensch), einer der neben dem viel jüngeren Neandertaler wohl bekanntesten Frühmenschen, ist auch deshalb eine wissenschaftliche Sensation, weil die Fossilien der insgesamt über 40 Individuen, die als Peking-Mensch bezeichnet werden, heute als verschwunden gelten.
Begonnen hat die Geschichte der Entdeckung Anfang des 20. Jahrhunderts mit einem Zahn. Johan Gunnar Andersson, Bergbauberater der chinesischen Regierung aus Schweden, und der Österreicher Otto Zdansky leiteten damals Ausgrabungen in Zhoukoudian, einem hügeligen Gebiet mit Kalksteinhöhlensystem. Dem Team des Österreichers gelang schließlich der erste Sensationsfund in der Unteren Höhle der Anlage. Erst 1927 schrieb Zdansky die Fossilien der Gattung Homo zu. Mit diesen Erkenntnissen gelang es dem kanadischen Arzt Davidson Black Gelder von der Rockefeller-Stiftung einzutreiben und eigene Ausgrabungen zu starten. Aber auch er brachte zunächst nur einen Zahn an die Oberfläche.
(Beeindruckende Karstformationen in Zhoukoudian)
Den großen Coup landete schließlich ein Chinese: Pei Wenzhong, der zu Blacks Team gehörte, legte an einem nebeligen Dezembertag im Jahr 1929 mit Kollegen bei Kerzenschein einen relativ gut erhaltenen Schädel frei. Neben den frühmenschlichen Überresten wurden in den Höhlen auch Tierfossilien von beispielsweise Höhlenbären oder gar Hyänen gefunden. Es ist außerdem davon auszugehen, dass das Gebiet viele Jahre später noch einmal besiedelt wurde. Diese Annahme wird durch wesentlich jüngere Knochenfunde gestützt, die der Gattung Homo sapiens zugeschrieben werden konnten.
(So soll Homo erectus pekinensis ausgesehen haben)
Der Peking-Mensch soll als einer der ersten Hominiden bereits mit Feuer hantiert haben – verkohlte Relikte bzw. große Mengen von Ascheablagerungen, die nicht auf beispielsweise Blitzschläge oder vulkanische Aktivitäten zurückzuführen sind, dienen als Grundlage dieser Erkenntnis. Vermutlich hat er dieses Feuer aber nicht selbst entfacht, sondern nur gehütet, denn Gesteinsarten, die Funken erzeugen, wurden in Zhoukoudian nicht gefunden. Zum Alltag des Urmenschen gehörten auf jeden Fall Steinwerkzeuge, wohl zur Bearbeitung von Nahrung.
(Neben menschlichen Überresten wurden auch Tiere wie Höhlenbären (siehe Bild) und Hyänen gefunden)
Heute sind von den Funden aus der Ausgrabungsstätte, die seit 1987 UNESCO-Weltkulturerbe ist, fast ausschließlich Abgüsse erhalten. In den Wirren der japanischen Besatzung Chinas Anfang der 1940er Jahre verliert sich die Spur des Homo erectus pekinensis, bzw. seiner Überreste.
Ursprünglich im Safe des Peking Union Medical College aufbewahrt, wurde dieser Standort kurz vor dem Angriff auf Pearl Harbour als nicht mehr sicher genug eingestuft. Die Fossilien sollten in die USA. Zu diesem Zeitpunkt ruhten die Arbeiten in Zhoukoudian bereits seit vier Jahren.
(Abgüsse der Schädelknochen und aufgefüllte Schädel des Hominiden)
(Affe, Homo erectus pekinensis, moderner Mensch)
Ein Deutscher war es, der im Medical College die Abgüsse erstellt, die heute noch zu sehen sind. Franz Weidenreich leitete die Ausgrabungen seit 1935. Sein Assistent Hu Chengzhi packte die Gebeine schließlich ein. Das letzte Mal offiziell gesehen wurden die Kisten mit dem kostbaren Gut, als sie ein Lastwagen in die amerikanische Botschaft bringen sollte. Über den 300 Kilometer von Beijing entfernten Ort Qinhuangdao wollten die Wissenschaftler Homo erectus pekinensis in die USA verschiffen. Doch ob die Urmensch-Fossilien je in der Botschaft, geschweige denn in Qinhuangdao oder den USA angekommen sind, bleibt bis heute unklar. Der Verbleib der Überreste: ein Mysterium.
Viele Theorien kreisen um den Verbleib der besonderen Knochen, viele Länder sind darin involviert, vor allem Japan und die USA. Doch vom bzw. von den Peking-Menschen fehlen auch nach über 70 Jahren des Verschwindens brauchbare Spuren. Der Paläontologe Zhou Guoxing ist Mitglied der Suchkommission, die von der chinesischen Regierung im Jahr 2005 eingesetzt wurde. Laut Xinhua-Angaben aus dem Jahr 2009 soll der damals 74jährige einmal gesagt haben: „Ich glaube nicht, dass sie [die Knochen] verschwunden sind. Man muss sie nur finden."
Hinkommen:
Mit dem Bus
Von der Haltestelle Tianqiao (etwa 200 Meter westlich vom Naturkundemuseum am Himmelstempelpark) fahren mehrere Busse nach Zhoukoudiancun, beispielsweise der 917 oder der 836. Bus Nummer 38 fährt von dort, also Zhoukoudiancun, direkt vor den Eingang der Anlage.
Mit der Bahn
Mit der U-Bahn 9 bis zur Endhaltestelle, dann umsteigen in die Fangshan Line. An der Endhaltestelle Suzhuang fährt Bus 38 direkt bis zum 20 Kilometer entfernten Eingang der Anlage.
(Zhoukoudian im Herbst)