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Mein Papa, mein Lehrer – Schule im Wohnzimmer
  2013-07-26 11:10:06  cri

Hausunterricht bedeutet, dass Kinder zu Hause unterrichtet werden, üblicherweise von ihren Eltern oder Tutoren. Sie gehen also nicht in öffentliche oder private Schulen. Bevor die allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde, waren Schulstunden im Wohnzimmer nichts Ungewöhnliches. Heute ist das anders. Kinder, die zu Hause von Mama oder Papa unterrichtet werden, gehören zur absoluten Minderheit.

Zhang Qiaofeng hat einen siebenjährigen Sohn und ist der einzige Lehrkörper der kleinen Loong Academy. Diese befindet sich in seiner Wohnung und ist für maximal sechs Schüler konzipiert. Zhang hat die Schule 2011 gegründet, als er bemerkte, wie unglücklich sein Sohn Zhang Hongwu nach den ersten Tagen Grundschule war:

„Mein Sohn war etwas über sechs Jahre alt, als ich für ihn eine Privatschule fand, die im Jahr fast 40.000 Yuan Gebühren verlangte. Aber meinem Sohn gefiel es dort nicht. Er hat über das strenge Schulmanagement und die vielen Hausaufgaben geklagt. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wenn Erstklässler in einem Semester aus nur zwei dünnen Textbüchern lernen, wie sie dann so viele Hausaufgaben haben können jeden Tag."

Zhang hat daraufhin beschlossen, den kleinen Hongwu aus der Grundschule zu nehmen und ihn selbst zu unterrichten. Die Entscheidung hat er sich nicht leicht gemacht:

„Ich habe damals eine Firma geleitet. Später ist mir dann klar geworden, dass ich nicht zwei Sachen gleichzeitig managen kann. Also habe ich die Firma aufgegeben und mich auf die Ausbildung meines Sohnes konzentriert. Seine Mutter und ich sind geschieden und ich habe das Sorgerecht. Wenn ich es nicht schaffe, ihn gut zu versorgen, würde ich mich sehr schuldig fühlen."

Zhang nennt die Liebe und das Verantwortungsgefühl eines Vaters als Grundlage für seine Entscheidung. Als Absolvent der namhaften Peking Universität fühlte er sich als Lehrer durchaus qualifiziert. Bedenken gab es trotzdem:

„Ehrlich gesagt war ich am Anfang ein bisschen besorgt, weil mein Englisch nicht akzentfrei ist. Aber nach acht, neun Monaten Unterricht mit mir hat sich das Englisch meines Sohnes rapide gesteigert, und er hat gar keinen Akzent. Viel wichtiger ist, dass er sehr glücklich und effizient zu Hause lernt."

Nach einem Jahr Vollzeit-Hausunterricht war Zhang so überzeugt von seinen Methoden, dass er sich sicher war, anderen Kindern damit auch etwas Gutes zu tun. Denn das einzige, was seinem Sohn zu Hause fehlte, seien Klassenkameraden, meint der überzeugte Wohnzimmer-Pädagoge:

„Vormittags habe ich drei Unterrichtsstunden anberaumt: Mathematik und zwei Englischstunden. Der Nachmittag ist für Chinesisch und Lesen. Wir lesen viele zusätzliche Bücher und diskutieren normalerweise die Geschichten, die wir lesen. Ab Viertel vor drei haben die Kinder Zeit für eigene Interessen wie Martial Arts, Musik, Fußball oder Malen. Dafür engagiere ich professionelle Lehrer."

Zhang will nicht, dass sein Sohn Zeit verschwendet durch einen Berg ineffizienter und mühsamer Hausaufgaben oder Prüfungen. Der Junge soll kein Fließband-Produkt werden.

„Ich möchte, dass mein Kind physisch und mental gesund ist, und anständig. Er muss nicht so viele Daten, sogenanntes Wissen, behalten. Ich möchte, dass er Lebensweisheiten lernt, gesunden Menschenverstand und Werkzeuge einzusetzen."

Zhang plant, seinen Sohn bis zu dessen 18. Lebensjahr zu unterrichten. Dann soll der junge Erwachsene selber entscheiden, ob er sich der nationalen Hochschulaufnahmeprüfung stellt oder im Ausland studiert.

Hausunterricht genießt in der Volksrepublik wachsende Aufmerksamkeit. So hat beispielsweise der Hausunterrichtsverband, eine Online-Plattform für Eltern, die ihre Kinder selbst unterrichten und ihre Erfahrungen und Techniken teilen möchten, nicht weniger als 5000 Mitglieder.

Jedoch wiesen Experten darauf hin, dass Hausunterricht nicht für jeden geeignet ist, auch wenn genügend Zeit, der richtige Bildungs-

hintergrund sowie die finanziellen Mittel dafür vorhanden sind..

Li Yue'er ist Expertin für die Bildung von Kindern, sie sieht Haus-

unterricht eher kritisch:

„Schulbildung ist eine gut organisierte soziale Aktivität, angelehnt an die Ansprüche der Gesellschaft. Ich denke, 98 Prozent der chinesischen Kinder sollten immer noch die reguläre Schulbildung erhalten, denn gerade Einzelkinder können von der Sozialisierung mit Gleichaltrigen und den gemeinsamen Erlebnissen profitieren."

Die Expertin betont auch noch das chinesische Gesetz, wonach alle Kinder im schulfähigen Alter eine obligatorische Ausbildung erhalten müssen. Im Prinzip ist Hausunterricht in China also illegal. Vielleicht wäre es ratsam, die Verfechter dieser Ausbildungsform und ausgebildete Pädagogen an einen Tisch zu bringen. So könnte eventuell eine neue Form der Ausbildung wie beispielsweise deutsche Waldorfschulen an den Start gebracht werden…

Übersetzt von Marie Müller-Diesing  

Gesprochen von Lü Xiqian

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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