Tagebücher aus Tibet
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"Ich habe aus einem Reiseführer erfahren, dass das Hostel Balangxue unter Rucksacktouristen sehr populär ist. Bevor ich mich im Hostel einquartierte, ging eine Gruppe von betrunkenen Jugendlichen singend an mir vorbei. Mo Ming Kei war einer von ihnen. Am Anfang fiel er mir gar nicht besonders auf. Er trat plötzlich aus der Gruppe hervor und fragte mich, ob ich Lust hätte, am nächsten Tag zum Nam-See mitzukommen. Er kannte mich gar nicht."
Das war der erste Eindruck, den Fu Zhen von Mo Ming Kei hatte, der später ihr Mann werden sollte. Die Geschichte in den "Tagebüchern aus Tibet" begann im Mai 2003, als beide auf eigene Faust nach Tibet reisten. Die 21-jährige Fu war Studentin im letzten Studienjahr, und versuchte, der SARS-Epidemie die seinerzeit in Beijing grassierte, zu entkommen. Nach ihrem Abschluss wollte sie weiter in Großbritannien studieren.
Der 25-jährige Mo aus Hongkong arbeitete in Nanjing in der ostchinesischen Provinz Jiangsu und hatte eigentlich vor, nach Hongkong zurückzukehren.
Während ihrer zwölftägigen Reise trafen sie sich ab und zu, fuhren in einer Gruppe zum Berg Jolmo Lungma und tranken zusammen mit anderen Reisenden. Als die beiden Jokhang-Tempel besuchten, verliebten sie sich ineinander. Fu sagt, bevor sie nach Tibet gekommen war, hatte sie bereits eine vage Vorstellung wie der Mann ihrer Träume sein sollte.
"Ich dachte damals nicht daran, während meiner Reise in Tibet den Mann, den ich mag, zu treffen. Er soll stark, aber kein Macho, rücksichtsvoll aber kein Weichei sein.
Das Ende ihrer Tibetreise sollte nicht das Ende ihrer Beziehung bedeuten. Fu reiste weiter nach Dali in der westchinesischen Provinz Yunnan, Mo flog über Nanjing weiter nach Hongkong. Aber beide wollten ihr noch junges Band der Liebe weiter knüpfen.
Mo meldete sich krank und unternahm eine zwölfstündige Reise nach Dali, um Fu zu treffen. Er musste in Hongkong, Shenzhen und Kunming umsteigen und legte seine lange Reise auf der Straße, der Schiene und auf dem Luftwege zurück.
Nach kurzer Zweisamkeit riefen Mo wieder die Pflichten an seinem Arbeitsplatz. Fu entschloss sich dazu, nach Shenzhen mitzukommen, damit sie Mo trotz seiner täglichen Arbeit sehen konnte. Auch sie musste erst in Dali, Kunming und Guangzhou umsteigen.
In ihren Tagebüchern beklagten sich beide, dass die langen Reisen sie verrückt machen würden.
Nach der Reise vertraute Mo seinem Tagebuch an, dass seine Firma ihn nach London versetzen würde. Er schrieb: "Kürzlich habe ich gehört, dass ich eine britische Arbeitserlaubnis erhalten habe und dort ein Jahr arbeiten kann. Und bis dahin wird Zhen ihren Magistertitel bekommen. Gott sei Dank."
Ein Jahr später heirateten sie im britischen Birmingham. Die Geschichte nahm ein gutes Ende. In London bekam Fu eine Stelle bei einer Investitionsbank, Mo wurde Ingenieur. Sie arbeiteten sehr hart, sparten Geld und nahm ein Sabbatjahr. Jetzt leben die beiden in Qingdao in der ostchinesischen Provinz Shandong.
Fu ist eine fleißige Bloggerin. Sie hat ihre Geschichte im Internet veröffentlicht und damit viele Leser angezogen. Ein Internetschriftsteller entdeckte ihre Geschichte und stellte Kontakt zu einem Herausgeber her. Also entschied sich das Paar, ihre Erlebnisse in einem Buch unter dem Titel „Tagebücher aus Tibet" zu veröffentlichen, das zu einem Bestseller unter Jugendlichen wurde. Eine Zeit lange kursierte es unter dem Begriff „Liebesbibel".
Einige kritisieren, dass die Sprache des Buches nicht sehr künstlerisch und die Geschichte nicht besonders dramatisch ist. Aber die Leser werden bewegt durch die einfache, aber starke Macht der reinen Liebe zwischen beiden. Heutzutage legen Menschen auf der Suche nach Liebe großen Wert auf Status und Wohlstand. Für eine solche Gesellschaft ist die einfache, reine Liebe, wie sie in den „Tagebüchern aus Tibet" erzählt wird, eine wertvolle Geschichte.
Nach Jahren des Reisens zwischen verschiedenen Städten und Ländern ist Mo jetzt der Meinung, dass er und seine Frau sich jetzt eine Zeit lang an einem Ort niederlassen wollen.
"Wir wollen eine Familie gründen. Wir wollen ein Baby."
Einige Leser sagen, dass Fu und Mo Glück hatten. Tatsächlich bevorzugt das Glück Fu und Mo sehr. Aber es ist dieses Glück, dass die Menschen dazu ermutigt nach dem zu streben, was sie wirklich haben wollen.
Übersetzt von: Li Yan
Gesprochen von: Liu Xinyue