201307-glutamat.m4a
|
Als Glutamate werden die Salze der Glutaminsäure bezeichnet. Diese wurde erstmals 1866 vom deutschen Chemiker Heinrich Ritthausen isoliert. 1908 entdeckte ein japanischer Forscher dessen Bedeutung für die Geschmacksqualität. 13 Jahre später entwickelten die Chinesen eigene Glutamate. Schon bald darauf trat Glutamat seinen Siegeszug durch alle chinesischen Küchen an. Ein Internetnutzer, geboren in 1970er Jahren, erinnert sich noch sehr lebhaft an den Glutamatboom.
„Eines Tages brachte mein Vater eine Packung weißer Kristalle mit. Auf der Verpackung standen die Schriftzeichen für Glutamat. Die Suppe an dem Tag hat zehnmal leckerer geschmeckt als sonst. Damals waren meine Eltern sehr sparsam mit Glutamaten. Jedes Mal bekam ich nur einige Stücke."
Doch seit zwei Jahrzehnten gerät die einst beliebteste Zutat immer weiter in die Defensive.
„Wir haben Glutamat von unserer Speisekarte gestrichen. Das Zeug macht den Mund trocken. Ich koche nur noch mit Sojasoße und Salz. Das Essen schmeckt auch so gut."
„Ich nutze seit langem kein Glutamat mehr. Es ist ein chemisches Produkt. Ich bevorzuge die natürlichen Aromen der Lebensmittel."
Fachkreise in China räumen dem Geschäft mit Glutamat keine Chancen mehr ein. Ein Experte erklärt uns:
„Die Branche schrumpft immer weiter, denn Glutamate werden von anderen Varianten ersetzt und überholt. Die Glutamatfabriken haben in China keine Zukunft."
Obwohl bisher nicht bewiesen ist, dass Glutamat die Gesundheit schädigt, verbraucht die Herstellung von Glutamat sehr viel Energie und zieht verheerende Umweltverschmutzung nach sich. Deswegen möchte die Regierung die Glutamatindustrie möglichst schnell stilllegen. Darüber hinaus werden viele Unternehmen der Glutamatindustrie aufgrund der steigenden Energiekosten vom Markt gedrängt.
Schon bald wird man Glutamat wohl nur noch im Museum oder im Lexikon finden können. Ähnlich erging es dem Walkman oder dem Beeper, an die sich heute kaum noch jemand zu erinnern vermag.
Text: Li Zheng, Sprecherin: Qiu Jing