Shen Jiaqi: Ich habe den Wandel Pudongs miterlebt.
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1990 entschied die Zentralregierung, eine Sonderwirtschaftszone in der Pudong-Gegend in Shanghai zu errichten.
Nach mehr als 20 Jahren der Entwicklung beheimatet Pudong heute das Finanz- und Handelszentrum Lujiazui, die Shanghaier Börse und eine Silhouette, die den Oriental Pearl Tower, das Jin Mao-Gebäude und das Shanghai World Financial Center umfasst.
Der dramatische Wandel des Pudong New District macht sich nicht nur durch seine eindrucksvolle Architektur, sondern auch durch das Leben der gewöhnlichen Menschen bemerkbar.
Der 75-jährige Shen Jiaqi ist pensionierter Lehrer der Shanghai Maritime Academy in Pudong.
Er ist ebenso ein aktiver Teilnehmer an Aktivitäten im Lujiazui-Viertel, einem der Hauptwohngebiete im Pudong New District.
Jede Woche kommt Shen in die Schule des Wohngebietes, um den Bewohnern Unterricht zu geben – die meisten von ihnen sind pensioniert. Shen diskutiert in seiner Klasse auch heiße sozialpolitische Themen.
Er ist ebenso ein Mitorganisator eines Dichtclubs für Angestellte in Pudong.
„Wir haben den Dichtclub gegründet, weil das Nachbarschaftskomitee das kulturelle Leben der jungen Menschen, die in der Lujiazui Finanz- und Handelszone leben, verbessern will."
Der Ursprung des Namens Lujiazui –übersetzt bedeutet es „Lu`s Mund" – ist in der Geographie Shanghais zu finden. Ihr zufolge knickt der durch Shanghai verlaufende Huangpu-Fluss dort um 90 Grad ab und hinterließ vor langer Zeit eine Ebene, auf der sich angeschwemmter Sand ablagerte. Betrachtet man die Überschwemmungsebene von der anderen Seite des Huangpu-Flusses sieht es aus, als wenn ein gigantisches Monster mit weit geöffnetem Mund Wasser trinkt.
Zusätzlich befanden sich hier die Ahnengräber von Lushen, einem großen Poeten der Ming-Dynastie. Diese beiden Gründe erklären die Namensgebung.
Bis in die 80er Jahre war Lujiazui eine relativ unterentwickelte Gegend in Shanghai, die durch Wohnhäuser, Warenhäuser und staubige Fabriken gekennzeichnet war.
1990 entschied der Staatsrat, die Pudong-Gegend zu entwickeln. Die Finanz- und Handelszone Lujiazui wurde vom Staatsrat als eine Entwicklungszone auf staatlicher Ebene gekennzeichnet.
Seitdem wurde Lujiazui Shanghais Entwicklungszentrum und entwickelte sich zu Chinas Version der Wall Street.
Heute ist die Gegend der Sitz von mehr als 30 Prozent der ausländischen Banken in China.
Shen zog in den 1980ern von Puxi nach Lujiazui. Zu jener Zeit bestanden die Wohngebiete aus alten Behausungen, mittlerweile sind jedoch mehr und mehr Ausländer in die neu errichteten hochwertigen Wohnhäuser eingezogen.
Vor einem Jahrhundert erstreckte sich Shanghai fast ausschließlich auf die Westseite des Huangpu, eine Gegend, die unter dem Namen Puxi bekannt ist. Die eindrucksvollen Gebäude chinesischer und ausländischer Banken standen entlang des berühmten Flussufers Bund, auf dessen gegenüberliegender Uferseite eine schlammige Fläche lag, die als Pudong bekannt ist.
Shen wohnte und arbeitete in Puxi. 1980 zog er nach Pudong.
„Es stimmt, dass mein Arbeitsplatz von Ackerland umgeben war. Die Pudong Avenue war die einzige Hauptstraße. Wenn es regnete, waren die Straßen mit Schlamm überschwemmt. Mein Büro befand sich längs der Straße. Ich sah viele Spaziergänger, die entlang der Außenmauer meines Büros liefen. Daher konnte ich die Fenster nicht öffnen, aus Angst, sie am Kopf zu treffen."
Shen sagt, in den 80ern gab es fast keine Bäume in Pudong, daher packte er jeden Tag drei Dinge in seine Tasche: einen Regenschirm, ein Paar Regenschuhe und einen Hut.
Wie die Zeiten sich verändert haben. In den 1990ern begannen Bauarbeiten in Pudong und gingen bald in einem wahren Expansionsrausch auf. Pudong wurde schnell mit hochgeschossigen Gebäuden vollgestopft. Jetzt ist Pudong Heimat der meisten modernen Gebäude und Wolkenkratzer Shanghais, einschließlich dem Oriental Pearl Fernsehturm, dem Jin Mao Tower, Bank of China und dem 101-stöckigen World Financial Center.
Shen erinnert sich noch daran, als die Regierung bekannt gab, sie werde die Entwicklung Pudongs vorantreiben. Als er mit seinen Studenten über Pläne der Regierung sprach, konnten sie ihm zunächst nicht glauben.
Vor 20 Jahren hatten die Shanghaier das Sprichwort „Ich hätte lieber ein Bett in Puxi als ein Haus in Pudong". Mittlerweile ist dies jedoch Geschichte und Pudong hat sich zu einer Luxusgegend entwickelt. Ihre beiden Söhne arbeiten und leben in Pudong. Shen glaubt, dass hier viele junge Menschen ihre Träume verwirklichen können.
Übersetzt von Felix Lehmann
Gesprochen von Xi Jing