Vorschulerziehung in China im Wandel
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Die Vorschulerziehung spielt in der Entwicklung von Kindern eine wesentliche Rolle. Darüber sind sich Experten auf der ganzen Welt einig. Doch wo sollen dabei die Schwerpunkte liegen? Darüber herrscht Uneinigkeit. In China lag der Kern bislang auf der Vermittlung von Wissen. Doch es werden immer mehr Stimmen laut, die eine verstärkte moralische Entwicklung von Kindern im Rahmen der Vorschulerziehung fordern.
Was sollten Kinder lernen, bevor sie in die Schule kommen? Bislang wurde in Chinas Kindergärten viel Wert auf die Vermittlung von Wissen gelegt. Frau Prof. Li Wenfu, ehemalige Mitarbeiterin am Psychologischen Institut der Chinesischen Akademie für Wissenschaften, hat ihre ganze Karriere der Entwicklungspsychologie gewidmet. Für sie ist klar, Kinder brauchen für eine gesunde Entwicklung mehr als nur Informationen.
„Bildung besteht aus zwei Teilen: der Vermittlung von Wissen und Moral. Beide Punkte sind unverzichtbar für die Entwicklung eines menschlichen Wesens. Im Bildungssystem unseres Landes nimmt die moralische Entwicklung nicht genug Raum ein. Dieses Problem besteht bereits in den Kindergärten. Dies ist das größte Manko unserer vorschulischen Erziehung."
Die chinesische Regierung hat sich diesem Problem bereits seit einigen Jahren angenommen. Es wurden weitere Kindergärten eröffnet und die pädagogische Qualität von Erziehern geprüft. Doch Li Wenfu nennt weitere Schwierigkeit:
„Die wichtigste Sache ist, dass wir verstehen, was Vorschulerziehung wirklich bedeutet und welche Inhalte wir betonen müssen. Das Ganze kann nicht getrennt betrachtet werden von wirtschaftlichen Aspekten. Sonst können die Institutionen keine qualitativ hochwertige Vorschulerziehung anbieten."
Laut Li Wenfu liegt der Schlüssel zu einer erfolgreichen ethischen Vorschulerziehung in der Ausbildung kompetenter Fachkräfte mit moralischen Qualitäten. Denn sie hätten eine starke Vorbildfunktion.
Doch neben den Erziehern spielen vor allem auch die Eltern eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung ihrer Kinder. Qiao Jianfang ist Kindergärtnerin in der nordchinesischen Provinz Shanxi. Für sie spielt die Zusammenarbeit von Eltern und Erziehern eine wesentliche Rolle:
„Eltern sollten die Probleme ihrer Kinder zu Hause erkennen. Nach einem gemeinsamen Gespräch können wir dann zusammenarbeiten. Und die Eltern können unsere Arbeit unterstützen."
Auch Psychologin Li Wenfu sieht die Eltern in die Verantwortung genommen. Sie wendet sich an die Erziehungsberechtigten und sagt:
„Man sollte nicht anderen aus sozialem Druck folgen. Jedes Kind ist ein ganz individueller Fall. Es sollte gemäß seiner eigenen Begabungen gefördert werden. Und diese Aufgabe liegt in Ihrer Verantwortung. Sie können dafür nicht die Regierung und das Umfeld verantwortlich machen. Vorschulerziehung kann nur effektiv sein, wenn alle in der Gesellschaft daran teilhaben."
Übersetzt von Tabea Nehrbass
Gesprochen von Zhu Liwen