Kleine Stadt, guter Job – Chinesische Fachkräfte sagen großen Metropolen Zaijian
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Um die Wirtschaftsstruktur zu optimieren, bemüht sich China, diverse Industriestandorte von den Großstädten in mittelgroße und kleinere Städte zu verlegen. So sind auch mehr Fachkräfte bereit, in diese kleineren Städte umzuziehen. Laut Umfrageergebnissen einer Beijinger Headhunter-Firma sind fast 70 Prozent der Befragten geneigt, in eine andere Stadt umzuziehen, wenn der Job genug Anreiz bietet.
Bruce Wang hat in einer privaten Beijinger Firma gearbeitet. Vor einem Jahr ist er nach Yanzhou gezogen. Die kleinere Stadt liegt in der ostchinesischen Provinz Shandong.
„Was die Industrie für landwirtschaftliche Maschinen angeht, befinden sich fast alle für mich passenden Firmen in Shandong. Also bin ich nach Shandong gegangen."
Die Lebenskosten in Yanzhou seien viel niedriger als in Beijing, erzählt Wang:
„Hier miete ich eine 80 Quadratmeter große Wohnung, die gut ausgestattet ist. Die Miete beträgt 800 Yuan pro Monat. In Beijing zahlt man für so eine Wohnung etwa 3,000 bis 4,000 Yuan. Dazu kommt noch, dass ich viel weniger Zeit zum Pendeln brauche, da die Stadt kleiner ist. Zum Beispiel habe ich in Beijing drei Stunden damit verschwendet von meiner Wohnung ins Büro zu kommen. Aber hier brauche ich nur 30 Minuten."
Vorher waren Großstädte wie Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen beliebte Ziele für Arbeitssuchende. Aber weil große Städte zunehmend überfüllt und teurer werden, haben sich Job-Suchende wie Wang nun für kleinere Städte entschieden.
Laut einer aktuellen landesweiten Umfrage von RMG International Business Consulting zum Thema Fachkräftefluss ziehen fast 70 Prozent der Befragten in Betracht, in eine andere Stadt zu ziehen. RMG-CEO Robert Parkinson sagt, die Ergebnisse zeigten, dass der Arbeitsstandort für Angestellte kein ausschlaggebendes Kriterium darstelle, wenn der Job eine gute Perspektive böte.
„Ich denke, das hängt mit Chinas Entwicklung zusammen. Wie Sie wissen, haben sich die Großstädte Beijing, Shanghai und Guangzhou bereits so weit entwickelt, dass man wirklich Blasen in Bezug auf Preise, Immobilien und den Preis der Arbeit hat. So ist es nur selbstverständlich, dass sich auch die mittelgroßen und kleineren Städten entwickeln werden."
Anfangs war es schwierig, Fachkräfte in diese Städte zu locken. Mittlerweile sind sie aber im wahrsten Sinne Wachstumsmotoren für die Wirtschaft des Landes geworden, angekurbelt durch riesige Investitionen, neue Infrastrukturen und den Zustrom von Talenten.
Gemäß Zahlen des US Commercial Service entfallen 54 Prozent der Gesamtimporte der Vereinigten Staaten auf 14 mittelgroße chinesische Städte.
Die AGCO Cooperation ist ein US-amerikanischer Hersteller für landwirtschaftliche Anlagen und Ausrütungen. Die Firma hat ihren neuesten Produktionsbetrieb in Changzhou, nordwestlich von Shanghai, eröffnet. Die Fabrik in Changzhou hat jetzt 300 Beschäftigte und plant, innerhalb von drei Jahren mehr als 1.000 einzustellen.
Jessie He, Managerin für Talentakquise bei AGCO China sagt, dass chinesische Arbeiter sehr interessiert seien, in schnell wachsende Großstadtregionen aus der zweiten und dritten Reihe wie Changzhou zu gehen. Für AGCO bedeute dies Zugang zu einem ganz neuen Level von Fachkräften und Talenten.
„Städte in wirtschaftlich entwickelten Gebieten haben ihre Vorteile. Changzhou hat auch seine Vorteile. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Leute aufgrund der hohen Immobilienpreise in Beijing und Shanghai nach Changzhou umgezogen sind."
Sie sagt, dass Städte der zweiten Ebene stärkere berufliche Perspektiven böten als die großen Metropolen, weil wachsende Produktionsaufträge hier mehr Arbeitskräfte erforderten.
„Große Städte werden mit so vielen Unternehmen besonders Produktionsbetrieben nicht fertig. So sinkt dort die Zahl der Produktionsunternehmen. Sie werden in die Städte der zweiten oder dritten Reihe umverlegt. Also, hinsichtlich des Rekrutierens von Fachkräften in mittelgroße und kleinere Städte bin ich zuversichtlich."
Zugleich gibt sie aber zu, dass während Städte im Jangtse-Flußdelta bei Arbeitssuchenden heiß begehrt seien, Zentral- und Westchina immer noch recht unpopulär blieben.
Sollen Arbeitssuchende große Metropolen, oder lieber Städte zweiter und dritter Kategorie wählen? Wie auch immer die Wahl ausfällt, laut Peter Parkinson von RMG sollte jedes Individuum eine rationale Entscheidung treffen, angelehnt an die städtische Umgebung und die Chancen für die persönliche Entwicklung.
Übersetzt von Qiu Jing
Gesprochen von Marie Bollrich