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Die neue Generation der chinesischen Wanderarbeiter
  2013-03-26 16:48:37  cri

Die „neuen Wanderarbeiter" sind viel besser ausgebildet und viel weltoffener als die Generation ihrer Eltern, sie haben viel bessere Möglichkeiten. Allerdings haben sie nur noch wenig Bindungen an ein bäuerliches Leben in abgelegenen ländlichen Regionen.

Professor Lu Huilin von der Peking Universität findet es deshalb auch kaum verwunderlich, dass die „neuen Wanderarbeiter" vor allem ein Ziel haben: In ihren Städten wirklich heimisch und anerkannt zu werden.

„Die ältere Generation der Wanderarbeiter neigt dazu, das in den Städten erarbeitete Geld für ein besseres Leben auf dem Lande zu nutzen. Die neue Generation Wanderarbeiter ist da anders, sie will in der Stadt heimisch werden."

Li Yanhui ist so ein Wanderarbeiter der neuen Generation. Er kam 1997 nach Beijing, und vor ein paar Jahren ließ er seine Familie aus Nordostchina in die Hauptstadt nachkommen. Er hat einen Friseurladen, in dem die Familie auch schläft, um Miete zu sparen. Li ist etwas unschlüssig, was er denn als seine Heimat bezeichnen soll.

„Man könnte sagen, Beijing sei meine Heimat, aber seit Jahren habe ich nicht in einem vernünftigen Bett geschlafen. Und sagt man, meine Heimat sei da, wo ich herkomme, dann sage ich, dass ich dort schon jahrelang nicht mehr war."

Das größte Problem für Zuwanderer in den großen Städten ist die Wohnung beziehungsweise ein Schlafplatz. In Beijing und anderen Großstädten kostet eine Wohnung monatlich gut 3000 Yuan (370 Euro) Miete. Ein Wanderarbeiter kommt auf durchschnittlich 2000 Yuan im Monat, diese Zahl nennt der All-Chinesische Gewerkschaftsbund für das Jahr 2011.

Als Abhilfe schlägt Liu Li vor, die als Wanderarbeiterin der neuen Generation Abgeordnete des Nationalen Volkskongresses ist, dass die Wanderarbeiter Wohnberechtigungsscheine für die deutlich günstigeren städtischen Sozialwohnungen erhalten sollten. Denn es gibt natürlich derartige Wohnberechtigungsscheine und Sozialwohnungen für Bedürftige Städter, aber eben nicht für die Wanderarbeiter, weil die ja „vom Dorf" kommen.

„Wieso werden die Wanderarbeiter von der Vergabe städtischer Sozialwohnungen ausgeschlossen? Ich schlage vor, dass die städtischen Behörden die bisher starren Regeln des Einwohnerregisters, der so genannten Haushaltsregistratur am Geburtsort, ändern. Es müsste doch berücksichtigt werden, wie lange Wanderarbeiter schon in der Stadt gearbeitet haben."

Ähnlich wie die Vergabe von Sozialwohnungen ist auch der Schulbesuch der Kinder an den Heimatort der Eltern laut Haushaltsregistratur gebunden. Das heißt, dass die Kinder von Wanderarbeitern in den Städten dort offiziell nicht zur Schule gehen dürfen, sondern für den Schulbesuch in die Heimatdörfer zurückkehren müssten. Da dies aber immer mehr Kinder betrifft, sind viele Städte dazu übergegangen, spezielle Schulen für die Kinder von Wanderarbeitern einzurichten, mit denen die strengen Regeln umgangen werden können.

Für den Volkskongressabgeordneten Yan Chengzhong geht es dabei um mehr als nur die Schule. Er hält die Berufsausbildung für einen Schlüssel bei der praktischen Urbanisierung:

„In diesem Bereich brauchen wir berufliche Ausbildung. Wir brauchen erstens eine generell höhere berufliche Qualifikation, und wir brauchen auch kurzfristig berufliche Qualifizierungsprogramme für die Wanderarbeiter, die ja oft in Industrien beschäftigt sind, die sich ebenfalls verändern. Das würde bedeutend dazu beitragen, den Leuten ein besseres Leben in den Städten zu ermöglichen."

Dennoch, so meint der Ökonom und Volkskongressabgeordnete Zhang Zhao'an, laufen alle Fragen der medizinischen Betreuung, der Schulbildung und des Wohnens von Wanderarbeitern im Problem der nicht mehr zeitgemäßen Haushaltsregistratur-Systems zusammen. Hier müsse die Regierung ihre Reformen des ohnehin umstrittenen Systems deutlich beschleunigen.

„Die Reform des Systems der Haushaltsregistratur ist der Schlüssel zur Überwindung der Zweiteilung der Gesellschaft. Es gab früher dieses Zweiklassengesellschaft aus ländlicher und städtischer Bevölkerung. Inzwischen geht es aber oft um eine städtische Zweiklassen-Gesellschaft, aus amtlich anerkannten Städtern und aus Zuwandern. Ich meine, dass hier Schritt für Schritt Veränderungen nötig sind."

Dies umso mehr, so Zhang, als inzwischen ein Sechstel der städtischen Bevölkerung Chinas aus Wanderarbeitern der neuen Generation oder Zuwanderern besteht. Dass der Prozess der Urbanisierung ihre Erwartungen und Hoffnungen erfüllt, ist für Zhang Zhao'an der Schlüssel für den weiteren stabilen wirtschaftlichen Aufschwung Chinas.

Übersetzt von: Hartmut Lüning

Gesprochen von: Liu Yuanyuan

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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