Die 32jährige Liu Yan ist Mutter einer einjährigen Tochter. Sie verkauft auf dem chinesischen Online-Auktionshaus Taobao deutsche Nahrungsmittel für Kinder. Bisher hat Liu bereits 1.200 Dosen Aptamil Pre verkauft - allein im letzten Monat 680. Für jede Dose kassiert sie 24,87 Euro.
Auf Taobao ist Liu keine Ausnahme. Ihnen hat die Zeitschrift Focus die Schuld für den Mangel zugeschrieben: Sie hätten deutschen Eltern das Milchpulver für ihre Babys weggekauft. Rund 90 Prozent der knapp 1.200 Anfragen, die Milupa in den letzten Monaten erhielt, kämen aus China. Stefan Stohl, Milupa-Sprecher, sagte CRI:
"Die Nachfrage ist leider nicht linear, sondern exponential angestiegen. Wir hatten in den vergangenen Monaten einen Nachfrageanstieg von ungefähr 33 Prozent."
Die große Nachfrage kommt nicht von ungefähr. In China werden jedes Jahr 30 Mio. Babys geboren. Vier Jahre nach dem Melaminskandal sind Eltern immer noch skeptisch. Manche Kaufleute haben "ein feines Gespür, bei fast jedem nationalen Skandal zu kassieren", schrieb die Nachrichtenagentur Xinhua. Liu wirbt beispielsweise in ihrem Online-Shop:
"Meine Tochter bekommt Aptamil seit dem dritten Monat. Sie ist kerngesund und konnte drei Mal ohne Medikamente eine Erkältung überstehen."
Sie verfüge in Deutschland über eine perfekte Logistik: Ein Schulkamerad in Aachen kaufe ein - Supermarkt um Supermarkt. Ihr Bruder in Hamburg habe Beziehungen zu DHL. Alles garantiere das Siegel "Made in Germany".
Dass Milupas Muttergesellschaft Danone in China Dumex produziert, wissen viele. Eine Kundin von Liu gibt zu Bedenken
"Ich kaufe Dumex nicht. Wer weiß, ob in Dumex wirklich drin ist, was drauf steht."
Außerdem ist Dumex mit etwa 29,50 Euro pro Dose á 800 Gramm viel teurer als ihre deutsche Schwestermarke.
Dass Eltern nur das Beste für ihr Kind wollen, sei für Song Kungang, Präsident des chinesischen Molkereiverbands, nachvollziehbar. Diese Panikmache sei jedoch nicht mehr nötig.
"Die Regierung führt wöchentlich Tests durch, 98 bzw. sogar 100 Prozent der Stichproben erweisen gute Qualität."
Diese Ergebnisse wollen manche Kunden leider nicht glauben. Der Kampf gegen Imageschäden sei für ihn und seine Kollegen vier Jahre danach immer noch nicht zu Ende. Er weiß aber, dass sich seine Branche mit mehr Transparenz eines Tages vom Skandal reinwaschen kann:
"Das Misstrauen verübeln wir niemandem. Wir fordern die Regierung allerdings auf, die Ergebnisse der Tests immer rechtzeitig zu veröffentlichen. Wir werden das Vertrauen Stück für Stück wieder zurückgewinnen."
Verfasst von Lu Ming