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„Eine Reise der Liebe" - Auf dem Motorrad von Shanghai nach Hamburg
  2013-02-05 17:43:08  cri

Wie kam es denn zu der Idee, solch eine lange Reise auf dem Motorrad zu unternehmen?

„Wir haben uns 2006 quasi auf dem Motorrad kennengelernt, in Yangshuo; wir haben uns verliebt und sind mit dem Motorrad von dort nach Lhasa gefahren; unterwegs haben wir irgendwie vom 20. Jahrestag der Städtepartnerschaft zwischen Shanghai und Hamburg gehört, und wir haben so im Spaß gesagt: ok, unser Nummernschild ist von Shanghai; wir fahren also den ganzen Weg nach Hamburg, klopfen an die Tür der chinesischen Vertretung dort und sagen: Wir kommen gerade aus Shanghai! Haha, wir haben anfangs nur herumgescherzt. Später haben wir dann geheiratet und haben uns gesagt: wir sollten das wirklich machen. Weil wir uns es zugetraut haben. Der erste Trip von Yangshuo nach Lhasa war wirklich hart, und so dachten wir, wenn es mit den Visa und der Ausfuhrgenehmigung für das Motorrad klappt, ist alles möglich."

Dass also einem so großen und ehrlichen Vorhaben die Bürokratie im Weg stehen kann, das ist auch in China so; aber irgendwie finden sich dann doch immer Lösungen…

„Es war anfangs sehr kompliziert. Ich habe versucht, herauszufinden, ob so etwas schon mal jemand gemacht hat, aber ich fand nur eine Motorradgruppe. Die machten damals so eine Art Rallye von Shandong in Ostchina nach Europa. Ich habe sie also angerufen, und sie sagten mir, ich bräuchte eine Genehmigung der Polizei für das Motorrad. Ich rief also bei der Polizei an, und die sagten mir, ich müsse mich mit dem Zoll in Verbindung setzen. Und beim Zoll sagten sie mir, so etwas müsse man an der Grenze regeln. Aber eine verlässliche Antwort habe ich nicht bekommen. Als wir dann schließlich an der Grenze angekommen sind, mussten wir nur ein Formular unterzeichnen, um zu bezeugen, dass das Motorrad uns gehört, das war`s. Unser Motorrad wurde dann einfach als Gepäck deklariert, und nicht als Fahrzeug, haha."

Manchmal gehört also auch etwas Glück dazu, und Spontaneität war auf dieser ganz speziellen Reise sowieso gefragt:

„Wir hatten die Route grob geplant, ja, aber unterwegs haben wir viele Änderungen vorgenommen. Ursprünglich wollten wir die Strecke von Shanghai aus in 13.000 Kilometern zurücklegen, aber dann fuhren wir allein in China schon 9.000 Kilometer. Auch wollten wir in Russland über Omsk nach Moskau, sind aber dann über Ekaterinenburg gefahren und auch von Moskau weiter nach St. Petersburg. Wir haben also die Reisepläne öfters geändert, wir wussten nur: unser Ziel ist Hamburg. Und wir hatten auch nicht unbedingt eine zeitliche Beschränkung, also keinen Zeitdruck. Ich habe meinen Job gekündigt, ebenso mein Apartment, und so war in diesen insgesamt viereinhalb Monaten unser Zuhause auf dem Motorrad."

Ein ziemlich kleines Zuhause für zwei Leute, möchte man meinen, und dann kommt ja auch noch Gepäck hinzu, Ausrüstung, Essen…

„Hm, wir hatten nur zwei Taschen. Einen Tankrucksack für die Kamera, einen kleinen Computer, ein Buch, Landkarten, Dokumente und solche Sachen. Und dann einen ganz normalen Rucksack für unsere Kleider, das war`s. Ich hatte nur eine Jacke dabei, Thomas ebenso. Daher sehen wir auf den Fotos immer gleich aus, haha. Wir waren also nicht sonderlich außergewöhnlich ausgerüstet; ich denke, all dieses ganze Material macht es einem zwar bequemer, aber es heißt deswegen noch lange nicht, dass man auch tatsächlich am Ziel ankommt."

Ankommen klingt ja nie schlecht, aber erst einmal muss man hinkommen. Wie war also so ein typischer Tag auf dem Motorrad?

„Nun, normalerweise waren wir jeden Tag so etwa zehn Stunden auf dem Motorrad. Also das war am Anfang schon etwa schmerzhaft für den Hintern, aber nach ein, zwei Wochen ging`s dann, haha. Gerade innerhalb Chinas war es hart, wir konnten nur auf Nationalstraßen fahren, und gerade dort sind viele Lastwagen unterwegs, die schwarze Abgaswolken aus den Auspuffen blasen… Wenn wir am Morgen unsere Unterkunft verlassen haben, haben wir immer Schutzbrillen aufgesetzt; wenn wir dann abends irgendwo angekommen sind und sie abgesetzt haben, sahen wir aus wie ein Panda, haha."

Bei tausenden von Kilometern unterwegs bleiben kritische oder auch gefährliche Situationen nicht aus, und auch Tang Jia weiß von einer zu berichten:

„Die gefährlichste Situation auf dieser Reise hatten wir in Russland. Die Lastwägen dort sind oft überladen und fahren sehr schnell. Wir waren unterwegs auf dem Weg nach Moskau, als mir Thomas zurief: „Ich glaube, wir haben ein Problem mit dem Reifen, halt Dich gut fest!". Aber es war zu spät, wir kamen ins Schlingern und sind schließlich gestürzt. Wir rappelten uns also auf und brachten das Motorrad schnell an den Seitenrand, und da dachte ich mir: wenn jetzt gerade hier irgendein Fahrzeug hinter uns gewesen wäre, wären wir jetzt tot. Weißt Du, die meisten glauben immer, Motorradfahren auf irgendwelchen abgelegen Straßen sei gefährlich, aber dort gibt es keinen Verkehr! In Wahrheit ist es dort am gefährlichsten, wo viel Verkehr ist, also in Städten oder auf vielbefahrenen Überlandstraßen."

Viel schöner ist es aber, sich an die Höhepunkte dieser außergewöhnlichen Reise zurückzuerinnern, und Tang Jia fällt auch gleich ihr ganz persönliches Highlight ein:

„Die Sonnenfinsternis. Wir haben uns dazu extra einen Platz ausgesucht, nämlich in der Wüste. Gegenüber war das Tianshan-Gebirge mit seinen schneebedeckten Gipfeln, und man konnte die ganze Wüste sehen mit all den roten Dünen und auch, wie das Licht sich veränderte. Und gleich nach der Sonnenfinsternis konnte man sehen, wie es aus den Wolken über dem Tianshan zu schneien begann… Es war wunderbar!"

Unterwegs trifft man ja auch immer interessante Leute, und die junge Chinesin erinnert sich in diesem Zusammenhang an ein Ereignis in Russland:

„In Russland gab es ein schönes Erlebnis, weil die Motorradkette wieder mal angeschlagen war. Wir sind also zu irgendeinem Motorradladen hin, und der Mann dort hat uns dann zu einem Yamaha-Laden gebracht. Doch es war schon Feierabend, die hatten schon zu. Also hat er uns zu einem Motorradclub geführt, einen Harley-Davidson-Club. Und die Jungs waren alle sehr nett zu uns und auch begeistert: „Wow, Ihr kommt aus China!". Die haben sich dann um die Motorradkette gekümmert, und in der Zwischenzeit haben sie uns auf einen Ausflug mit ihren Harleys durch die Stadt mitgenommen, uns zum Essen eingeladen, eine Unterkunft organisiert… Dann stellte sich heraus, eine neue Motorradkette gibt es nur in der nächsten Stadt; also haben sie ihren Kumpel dort angerufen, und der hat uns dann am nächsten Tag mit einer neuen Kette am Stadtrand empfangen!"

Nach so vielen Kilometern und Abenteuern, wie war denn dann die Ankunft in Deutschland?

„Ach, ich habe nie irgendeinen großen Empfang erwartet. Als wir unterwegs waren, haben wir nie irgendetwas darüber im Internet veröffentlicht, es war für uns keine große Sache, wir wollten es einfach tun. Und als wir dann in Deutschland angekommen sind, waren zu dem Zeitpunkt nur die Großeltern von Thomas zuhause. Wir sind also einfach zu ihnen gefahren, haben an der Tür geklopft und gesagt: „Hier sind wir.", haha".

Rückblickend auf die Reise hat Tang Jia auch noch einen wunderschönen xxx parat:

„Thomas und ich wissen nicht viel über Motorräder, also wenn es um das Reparieren geht. Wenn es also mal ein Problem damit gab, mussten wir immer zu einer Werkstatt. Aber jedes Mal, wenn das der Fall war, konnten wir auch eine Lösung finden. Ich glaube daher, wenn man etwas wirklich machen und erreichen will, kommt immer jemand, der einem dabei hilft."

Tang Jia und Thomas leben heute mit ihrer kleinen Tochter in Deutschland, das Reisen haben sie aber noch nicht aufgegeben. Auch gibt es bereits ein Buch über ihre Abenteuer auf dem Motorrad zwischen Shanghai und Hamburg - bisher allerdings nur auf Chinesisch - mit dem schönen und passenden Titel „Eine Reise der Liebe - Auf dem Motorrad von Shanghai nach Hamburg". Tang Jia ist aus diesem Grund auch ab und zu in China, um Werbung für das Buch zu machen oder um es an Universitäten vorzustellen und mit den Studenten über ihre Motivation dazu zu sprechen:

„Ich möchte ihnen sagen: schaut her, ich bin auch nur ein ganz normales Mädchen. Aber wir hatten mit dieser Reise Erfolg, weil wir uns nicht immer den Kopf zerbrochen haben. Ich finde also, Reisen ist kein Luxus, nichts anstrengendes. Alles, was man tun muss ist, seinen Koffer zu packen und aufzubrechen. Viele hier meinen, Reisen ist gefährlich. Aber sie machen sich zu viele Sorgen und überlegen, was alles Schlimmes passieren könnte. Und das, was dann wirklich passiert, kann man im Vornhinein sowieso nicht vorhersagen. Es macht also keinen Sinn, sich darüber zu viele Gedanken zu machen. Einfach losgehen: Du beginnst mit Deiner Reise, und Du wirst ankommen."

Interviewt von: Christoph Limbrunner

Gesprochen von: Zhang Chen, Liu Xinyue

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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