Für 5,57 Millionen Tangshaner wurde die Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1976 zum Alptraum. Um 3:42 Uhr Ortszeit überraschte ein Erdbeben der Stärke 7,8 die Menschen im Schlaf. Die Katastrophe kostete 240 000 Menschen das Leben, mehr als 160 000 erlitten schwere Verletzungen. In 23 Sekunden lagen 90 Prozent der Kohlenbergbaustadt in Trümmern.
Heute können Besucher im Erdbeben-Museum und Gedenkpark der Stadt das Ausmaß der Zerstörung betrachten. Eine gefühlt nicht enden wollende Gedenktafel zeigt die Namen der Opfer von 1976 auf. Die Sammlung des Museums umfasst hunderte Fotobilder und Gegenstände des Erdbebens. Darunter befindet sich auch eine Nachbildung temporärer Häuser, in denen die Bewohner nach 1976 vorübergehend ein Domizil fanden.
Von solchen Häusern, ist heute in der sieben Millionen Metropole weit und breit nichts mehr zu sehen. Fährt man entlang der Ost-West-Hauptstraße von Tangshan, reiht sich im nördlichen Stadtgebiet ein modernes Hochhaus nach dem anderen. Im südlichen Teil, wo 1976 das Epizentrum des Bebens lag, ist nach Jahrzehnte langer Arbeit ein Naturgebiet im gigantischen Ausmaß entstanden.
Im Nanhu Naturgebiet, mit einer Fläche von 105 Quadratkilometern, wechseln sich Seen- und Hügellandschaften ab. Bei der Planung machten die Zuständigen aus der Not eine Tugend. Denn über 100 Jahre lange Kohlegrabungen hinterließen in dieser Gegend ihre Spuren. Abgesenkte Böden bildeten die Grundlage für die künstlich angelegten Seen, aus den Bergbau-Überresten wuchsen Hügellandschaften. Dem Ökogebiet kommt eine besondere regionale Bedeutung zu, denn Tangshan will sich weiter von einer Industriestadt zu einer Metropole mit Dienstleistungsgewerbe entwickeln. Seit Jahrzehnten liegt der Schwerpunkt der Industrie auf der Gewinnung und Verarbeitung von Eisenerz, Erdöl, Mineralien und Kohle. Die Kohle in Tangshan bildete die Grundlage der modernen Industrie in China.
Im Jahr 1878 nahm die Kaiping Kohlemine im südlichen Bereich der Stadt ihren Betrieb auf. Nach und nach entwickelten sich weitere wichtige moderne Industrien wie die Elektrik-, Textil- und Keramik-Industrie, sodass man in den 20ern des 20. Jahrhunderts von Tangshan als „Wiege der chinesischen modernen Industrie" sprach. Heute gilt die Stadt als Wirtschaftszentrum der Provinz Hebei.