"Früher haben 80 bis 90 Prozent der Bauern in meinem Dorf Milchkühe gezüchtet. Inzwischen sind es aber nur noch 20 Prozent. Die meisten haben aufgegeben."
Unter anderem auch deshalb, weil sie die hohen Preise für das Tierfutter nicht mehr bezahlen können:
"Der Futterpreis hat rasant zugenommen. Vor zwei Jahren hat eine Packung noch 110 Yuan gekostet, heute aber sind es schon 130 Yuan. Das ist ein Preisanstieg von 20 Prozent. "
Die Preise für Tierfutter sind nicht das einzige, das massiv teurer geworden ist. Auch die Arbeitskosten, welche von den Bauern selbst getragen werden müssen, haben enorm zugenommen. Huo Guangming, der Vorsitzende des Büros für Landwirtschaft im Kreis Tang, kennt die Nöte und Sorgen der Bauern nur zu gut:
"Früher betrugen die monatlichen Arbeitskosten eines Bauers 1.500 Yuan. Jetzt aber sind es schon 1.800 Yuan Das sind 20 Prozent mehr als früher."
Den umgekehrten Weg ist Li Jiyun gegangen. Anstatt seine bestehende Herde zu verkleinern, hat der Milchbauer massiv Kühe hinzugekauft:
"Im vergangenen Jahr habe ich über 300 Stück gekauft. In diesem Jahr weitere 200."
Li sagt, dass er mit seiner Massenhaltung massiv Kosten sparen kann. In der Regel kann sich ein einzelner Milchbauer höchstens um zehn Kühe kümmern. Auf der modernen Großfarm von Li hingegen genügt ein Angestellter zur Fütterung von 150 Kühen.
60 Prozent der in der Provinz Hebei produzierten Milch stammte bisher von individuell tätigen Bauern und nur 30 Prozent von großen Milchviehbetrieben. Die Zukunft gehört jedoch zweifellos den großen Kooperativen. Davon ist zumindest Huo Guangming, der Vorsitzende des Büros für Landwirtschaft im Kreis Tang, überzeugt:
"Der individuell tätige Bauer wird den Fütterungsprozess letztendlich stoppen. Dieser Trend ist unvermeidlich. Die Bauern können ihre Kühe im guten Glauben an die großen Milchbetriebe zum Füttern und Melken geben. Im Gegenzug erhalten sie von ihnen finanzielle Zuschüsse. Auf diese Weise können die steigenden Kosten der Bauern in Zukunft effektiv reduziert werden."
Dieses Konzept funktioniert jedoch nur, wenn die Nachfrage nach Milch auf dem inländischen Markt bald wieder zunimmt. Die gegenwärtige Stagnation bereitet Bauern und Funktionären gleichermaßen Kopfzerbrechen.
Der Sanlu-Skandal im Jahr 2008 liegt noch immer wie ein großer Schatten über Chinas Milchindustrie. Viele Milch verarbeitende Großbetriebe sind heute nicht mehr bereit, Milch in großen Mengen zu kaufen. So ist es schon vorgekommen, dass Bauern ihre Milch mangels Nachfrage wegwerfen mussten.
Bisher wurde der chinesische Milchmarkt von den großen Molkereien beherrscht. Die Bauern selbst hatten keinen Einfluss auf den Milchpreis. Ob die neuen Kooperativen eine nachhaltige – und vor allem gesunde – Entwicklung des Milchmarkts gewährleisten können oder nicht, muss sich erst noch weisen.