Als die Volksrepublik China und die Bundesrepublik Deutschland am 11. Oktober 1972 diplomatische Beziehungen aufnahmen, war das Ende des Kalten Krieges noch nicht absehbar. Es sollte noch sechs Jahre bis zum Beginn der Reform- und Öffnungspolitik in China und fast zwei Jahrzehnte bis zur deutschen Wiedervereinigung dauern.
Die chinesisch-deutschen Beziehungen waren von Anfang an durch enge Kontakte auf Regierungsebene geprägt. Im Oktober 1975 besuchte Helmut Schmidt als erster deutscher Bundeskanzler China, vier Jahre später reiste Hua Guofeng als erster chinesischer Regierungschef in die Bundesrepublik.
Den Grundstein für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, die am 11. Oktober 1972 in der Großen Halle des Volkes in Beijing von Bundesaußenminister Walter Scheel und seinem chinesischen Amtskollegen Ji Pengfei offiziell besiegelt wurden, hatte ein Politiker gelegt, der jüngeren Leuten heute kaum noch ein Begriff ist: der CDU-Mitbegründer Gerhard Schröder.
Auf Einladung des Instituts des Chinesischen Volkes für Auswärtige Angelegenheiten reiste der damalige Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im Bundestag im Juli 1972 nach China. Die Gespräche, die der inzwischen verstorbene Schröder während seines zweiwöchigen Aufenthalts mit hochrangigen Regierungsvertretern führte - darunter auch mit Ministerpräsident Zhou Enlai -, ebneten schließlich den Weg für offizielle Verhandlungen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.
40 Jahre später ist China der wichtigste Wirtschaftspartner Deutschlands in Asien. Umgekehrt ist Deutschland Chinas wichtigster Handelspartner in Europa. Der bilaterale Handel ist von 274 Millionen US-Dollar im Jahr 1972 auf inzwischen fast 170 Milliarden US-Dollar gestiegen. Im Jahr 2010 haben China und Deutschland eine strategische Partnerschaft besiegelt.
Zum 40-jährigen Bestehen der diplomatischen Beziehungen hat die Deutsche Redaktion von Radio China International (CRI) jeweils 20 Persönlichkeiten aus beiden Ländern interviewt, die diese Beziehungen persönlich miterlebt und mitgestaltet haben. Ehemalige Spitzenpolitiker kommen dabei ebenso zu Wort wie Geschäftsleute der ersten Stunde, renommierte Wissenschaftler, international bekannte Künstler und Journalisten sowie Sportler.
Der Älteste der von CRI befragten 32 Männer und 8 Frauen ist Wang Shu (Jahrgang 1924), der 1972 als Chefunterhändler an den 40 Tage dauernden Verhandlungen über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen teilnahm. Mit Abstand die Jüngste ist die 1992 geborene Charlotte Landwehr, die sich heute in Beijing für den Schutz der streunenden Katzen einsetzt.
Die persönlichen Erfahrungen spiegeln nicht nur die gewaltigen Fortschritte wider, die beide Länder seit der Aufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen vor 40 Jahren gemacht haben, sondern zeigen auch, wie die Beziehungen zwischen zwei Ländern Lebenswege beeinflusst haben.
Gleichzeitig geben die fast 100 Stunden Interviews auch wertvolle Einblicke in die Wahrnehmungen und Denkweisen von Deutschen und Chinesen, die sich überraschenderweise oft als viel ähnlicher erweisen, als gemeinhin angenommen wird.
Alle 40 Interviews fanden im Dezember 2011 und in der ersten Jahreshälfte 2012 in China und Deutschland statt und wurden bis auf einige wenige Ausnahmen in der Muttersprache des jeweiligen Gesprächspartners geführt. Wo notwendig, wurden sie von den Mitarbeitern von CRI ins Deutsche übersetzt. Um das Buch leserfreundlicher und verständlicher zu gestalten, wurden gewisse Interviewpassagen in Rücksprache mit den befragten Personen leicht gekürzt, ergänzt oder umgeschrieben.
In diesem Sinne ist das vorliegende Buch zu vier Jahrzehnten gemeinsamer Geschichte auch ein kleiner Beitrag zum besseren gegenseitigen Verständnis. Aus diesem Grund erscheint es sowohl in chinesischer als auch in deutscher Fassung.
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen die Deutsche Redaktion von Radio China International!
Beijing, im August 2012
Wang Gengnian
CRI-Intendant