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Großer Boom, kleines Sterben
  2012-01-17 09:07:58  cri

 

Das Bücherlesen ist auch im Internetzeitalter nach wie vor in. Verändert hingegen hat sich das Kaufverhalten der Leser. Immer mehr Leser – vor allem jugendliche – kaufen sich ihre Bücher online. Es überrascht daher nicht weiter, dass der Online-Buchhandel in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt hat. Die Leidtragenden dieses Booms sind die herkömmlichen Buchläden – vor allem die kleineren. Viele von ihnen mussten mangels Kundschaft schließen.

In Buchhandlungen kann man heutzutage weit mehr als nur Bücher kaufen. Viele Menschen gehen in Buchläden, um dort bei einer feinen Tasse Kaffee in einem spannenden Buch zu schmökern, oder einfach, um ein wenig vom Alltagsstress abzuschalten. Die Beijinger bilden in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Nur wird es in der chinesischen Hauptstadt immer schwieriger, überhaupt einen Buchladen zu finden. Der Grund: immer mehr Buchläden müssen Konkurs anmelden, weil sie mit den billigeren Online-Läden nicht konkurrenzieren können. Bereits 50 Prozent von Chinas privaten Büchergeschäften sind dem boomenden Online-Handel zum Opfer gefallen. In Beijing musste vor kurzem sogar das berühmte O2SUN-Buchhaus schließen.

Liu Mei ist hauptberuflich bei einer großen ausländischen Versicherungsgesellschaft tätig. In ihrer Freizeit ist sie die stolze Besitzerin eines kleinen Online-Buchladens, den sie aus Leidenschaft für das Lesen eröffnet hat. Ihr Laden mit dem Namen „Die Bücherfamilie von Canma" ist einem realen Buchladen nachempfunden. Als speziellen Service empfiehlt die Mutter eines zehnjährigen Sohnes ihren Kunden geeignete Kinderbücher oder Bücher über die Kindererziehung. Wann immer es ihre Zeit zulässt, liest Liu Mei Bücher. Über ihre neuesten Entdeckungen verfasst sie dann Empfehlungen für die Besucher ihrer Webseite. Allerdings läuft ihr Geschäft bisher mehr schlecht als recht:

„Die meisten Besucher lesen nur meine Empfehlungen und kaufen die von mir empfohlenen Bücher dann bei den großen Online-Buchanbietern. Die großen Anbieter sind viel konkurrenzfähiger und können den Usern einen niedrigeren Buchpreis anbieten als ich. Dasselbe Phänomen ist auch in den realen Buchläden zu beobachten: viele Leute gehen dorthin, um zu lesen. Sobald sie ein gutes Buch gefunden haben, kaufen sie es online. Die Leser orientieren sich nur an den Preisen. Anscheinend ist den meisten von ihnen eine angenehme Atmosphäre und eine gute Bedienung in den Buchläden nicht mehr wichtig."

Doch ist es wirklich so, dass die Leser von heute das Ambiente und den Service in den realen Buchhandlungen nicht mehr zu schätzen wissen? Die Antwort lautet wohl eher nein. Wie sonst ist es zu erklären, dass viele von ihnen nach wie vor Buchempfehlungen lesen? Was die Leute am boomenden Online-Buchhandel zweifellos am meisten schätzen, ist der Zeitgewinn und der Stress, den sie sich dadurch ersparen. Hoffnungslos überfüllte Busse und U-Bahnen oder langes Schlangestehen an der Kasse – all das entfällt beim Gang ins Online-Buchgeschäft. Was aber nicht bedeutet, dass leidenschaftliche Leseratten nicht mehr in herkömmliche Buchhandlungen gehen:

„Ich ging früher sehr gerne in einen kleinen Buchladen in der Nähe meiner Wohnung. Ich wählte ein Buch aus und las es bei einer Tasse Kaffee. Die buddhistische Hintergrundmusik wirkte sehr beruhigend auf mich. Ich habe das Bücherlesen dort sehr genossen. In einem solchen Buchladen kann man total vom Alltagsstress abschalten und sich in aller Ruhe so richtig in ein Buch vertiefen."

Liu Mei ist bei weitem nicht die Einzige, die das spezielle Ambiente eines Buchladens zu schätzen weiß. Die zahlreichen VIP-Kartenbesitzer der Beijinger Ladenkette O2SUN, die vor kurzem Konkurs ging, belegen das eindrücklich. Es liegt daher an den Inhabern der noch verbliebenen Buchhandlungen, nach Wegen zu suchen, um ihre Läden profitabel zu gestalten. Das weiß auch Herr Huang, der Besitzer des Buchladens „Hongdao" in der südchinesischen Provinz Hunan:

„Herkömmliche Buchhandlungen werden in Zukunft wohl anders aussehen. Der Bücherverkauf macht derzeit nur 20 bis 30 Prozent ihres Umsatzes aus. Der Resten entfällt auf andere Produkte und Dienstleistungen."

Die Taiwaner Bücherkette Eslite hat schon lange erkannt, dass ein Büchergeschäft heutzutage nur dann überleben kann, wenn es sich den neuesten Kundenbedürfnissen anpasst. Typisch für die Buchläden von Eslite sind die großzügig gestalteten Räumlichkeiten, deren Farben Harmonie versprühen. Zu einem richtigen Eslite-Laden gehört auch der Duft von Kaffee. Neben Büchern kann man in den Eslite-Shops Musik-CDs, Schreibwaren und viele andere Artikel des täglichen Bedarfs kaufen. In regelmäßigem Abstand werden zudem Lesungen, Symposien oder Ausstellungen veranstaltet, die schon Besucher aus aller Welt angezogen haben.

Das Beispiel Eslite zeigt, dass Buchläden auch im Internetzeitalter noch ihre Existenzberechtigung haben. Ob auch kleine Buchläden über genügend Kapital verfügen, um dem Beispiel der Bücherkette Eslite zu folgen, ist freilich eine Frage, die in einem ganz anderen Buch geschrieben steht.

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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