Die neue rechtliche Auslegung des Eherechts hat in China für leidenschaftliche Diskussionen gesorgt. Mittlerweile erfreuen sich die lange stiefmütterlich behandelten Eheverträge bei jungen chinesischen Paaren einer wachsenden Akzeptanz.
„Es richtet ja keinen Schaden an, vor der Hochzeit die Eigentumsverhältnisse zu regeln."
„Ich finde, es ist eine gute Idee, wenn notwendig. Warum also nicht?"
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es bei scheidungswilligen Paaren gerade über Eigentum, das bereits vor der Heirat angeschafft wurde, zu Streitigkeiten kommt. Im neuen Eherecht wurde festgelegt, dass vor der Ehe erworbenes Wohneigentum hauptsächlich der Partei zusteht, die es gekauft oder die Raten gezahlt hat. Die neue Auslegung des Gesetzestextes hatte öffentliche Bedenken hervorgerufen und eine gesellschaftliche Debatte entzündet. Lu Fenggang, ein Anwalt der Kanzlei Yue Cheng weist darauf hin, dass die notarielle Beurkundung des vorehelichen Eigentums sehr wichtig sei, gerade wenn im Falle einer Scheidung die Aufteilung des Gesamteigentums anstehe.
„Ein Beispiel: Ein Haus war vor der Ehe auf den Mann eingetragen, er unterzeichnet einen Ehevertrag, laut dem das Haus beiden gehört. Er lässt diese Vereinbarung jedoch nicht notariell beurkunden. Im Falle einer Scheidung erklärt die Ehefrau nun, das Haus gehöre beiden. Der Richter kann bestätigen, dass die Frau dank des Ehevertrags ein Recht auf die Hälfte des Wohneigentums hat. Aufgrund der fehlenden notariellen Beurkundung aber kann der Mann seine Meinung ändern und seine Entscheidung rückgängig machen."
Welche Art von Eigentum fällt aber nun unter den Begriff voreheliches Eigentum? Und was ist eine voreheliche notarielle Beurkundung?
„Die vollständige Bezeichnung lautet: „Notarielle Beurkundung des Ehevertrags". Gemäß § 19 des überarbeiteten Ehegesetzes, das 2001 in Kraft getreten ist, kann das Paar über das jeweilige voreheliche Eigentum oder Eigentum, das während der Ehe erworben wird, eine Vereinbarung schließen. Darin kann es festlegen, ob das Eigentum nur einer Person, beiden oder größtenteils einer Person zufällt. Solch eine Vereinbarung hat schon eine gewisse rechtliche Bindung."
Allerdings muss sie auch notariell beurkundet werden, um ihre volle rechtliche Bindungskraft zu entfalten. Die meisten Chinesen aber sind sich nicht im Klaren darüber, wie eine notarielle Beurkundung vonstatten geht. Chen Zhongjing, der stellvertretende Leiter des Beijing Fangyuan Notarization Bureau meint, die Prozedur sei ziemlich einfach.
„Die Antragsteller müssen ihre Ausweise mitbringen, ihre Wohnsitzregistrierung, die Eigentumsurkunden, beispielsweise eine Bestätigung über Immobilieneigentum und ihren Ehevertrag. Die notarielle Beurkundung nimmt nicht viel Zeit in Anspruch."
Viele Chinesen sind der Ansicht, ein Ehevertrag oder dessen notarielle Beurkundung verletzten die Gefühle der betroffenen Parteien. Immer mehr junge Paare sehen dies jedoch anders. Sie finden, dass dadurch die Interessen beider Seiten geschützt werden und der Ehevertrag nichts mit der Liebesbeziehung an sich zu tun hat. Zurzeit kostet eine notarielle Beurkundung der vorehelichen Vermögensverhältnisse in Beijing etwa 400 Yuan.
Übersetzt und gesprochen von Stephanie Karraß