Genau so ein handfestes Beispiel ist neben der bereits seit 1991 bestehenden High-Tech-Zone mit Niederlassungen von Philips, Pfizer, Accenture, IBM, Siemens oder Microsoft, die neue Entwicklungszone für Ökologie, Technologie und Innovation. Im Herzen des Bezirks Ganjingzi, eine Busstunde vom Stadtzentrum entfernt, soll die „Dalian Best City" mit einem eigenen, konkurrenzfähigen Bio-Silicon-Valley entstehen.
Jin Guowei,Vize-Direktor des Verwaltungskomitees der Entwicklungszone, erklärt, der Begriff „Bio-Silicon-Valley" vereine drei ökologische Aspekte. Die Natur vor Ort mit den Bäumen, Bergen und Seen sei als Basis der „Best City" zu betrachten. Öko bedeute außerdem grüne Wirtschaft, grüne Industrie. Der Anspruch an die Unternehmen sei hoch. Man wolle keine Umweltsünder, betont Jin.
Natur, grüne Wirtschaft und hohe Standards sind also die Grundpfeiler des Projekts. Baustart war 2009: Momentan werden die Ausmaße nur auf Papier und in Form von Modellen deutlich. Die Anlage in den grünen Hügeln von Ganjingzi ist eine Großbaustelle, überall ragen Kräne in den Himmel. Eine ganze Stadt soll hier entstehen mit eigenem Geschäfts-, Wohn-, Ausbildungs-, und – ganz wichtig – Erholungs- beziehungsweise Unterhaltungsgebiet, denn Arbeit soll mit Unterhaltung genauso Hand in Hand gehen, wie Industrie mit Umwelt. Verantwortung, Effizienz, Regulierung und Qualität sind die Schlagwörter für das Konzept dieser Stadt der Zukunft.
Ein Hauptunterschied zu anderen Industriezonen liegt in der Diversität. Hier werden, so die Verantwortlichen, alle Bedürfnisse, ob geschäftlich oder privat, bedient. Eine Vertreterin des China Software Testing Centers kritisiert allerdings, dass die Geschäftsentwicklung momentan nicht voran käme, da sich viele Partnerfirmen noch nicht in dem Gebiet angesiedelt haben. Warum sich die Investoren so sicher sind, dass diese neue Stadt letztendlich zum Leben erweckt wird? Jin Guowei versichert, dass umfangreiche Forschungen im Vorfeld einen Erfolg praktisch garantieren würden. Außerdem habe der Staat kräftig mit unter die Arme gegriffen: So sei der Baugrund für die ersten fünf Jahre kostenfrei und auch Steuern müssten in diesem Zeitraum nicht bezahlt werden. Der Nachwuchs für die Unternehmen soll aus den umliegenden Universitäten kommen. Im in die High-Tech-Zone integrierten Software Park bekommen angeblich 30 Prozent der Absolventen nach Abschluss eine Stelle vor Ort.
600 Bauernfamilien wurden für das Groß-Projekt „ Dalian Best City" umgesiedelt und für den Verlust ihrer Grundstücke mit neuen Wohnungen entschädigt. Über eine derartige Wohnanlage im westlichen Stil würde man sich in Beijing freuen: modern, grün, gemütlich. Leider gibt es außer dieser Wohnanlage noch nicht viel in der neu entstandenen Siedlung. Viele der jüngeren Generation hat es wohl deshalb nicht dort gehalten, sie sind in die „alte Stadt" gezogen. Geblieben sind die Pensionierten, in Rente wurden die Umsiedler schon ab 50 geschickt, und diejenigen, die einen der angebotenen Jobs in der Umgebung angenommen haben.
Bis jetzt weiß der normale Dalianer nicht viel von dem Mega-Projekt in den Hügeln. Es müsse noch mehr Werbung betrieben werden, gibt der Vize-Direktor des Verwaltungskomitees zu. Die geplante U-Bahn-Linie verkürzt sicher den Weg in das „alte Dalian" und holt mehr Bürger in die Stadt der Zukunft. Ab 10.000 RMB pro Quadratmeter (in der Hauptstadt sind es um die 20.000) könnte sich der zukünftige Pendler dann auch eines der schönen Apartments kaufen.
13.09.2011
Marie Bollrich