Die sanften Hügel von Hangzhou nehmen den Besucher gleich für sich ein. Die Hauptstadt der Provinz Zhejiang scheint in grün zu ertrinken. Und der landesweite Ruhm des Westsees ist wohlverdient. Doch es bleibt wenig Zeit, sich an der Schönheit der Natur zu erfreuen. Zhejiang will sich nicht auf den Tourismus beschränken, sondern setzt voll und ganz auf die wirtschaftliche Entwicklung. Schon jetzt liefert man sich mit dem Rivalen Jiangsu ein enges Rennen um den höchsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in ganz in China.
Gleich in der früh lädt uns der stellvertretende Direktor der Kommission für Entwicklung und Reformen, Liu Ting, zu einer Pressekonferenz. Er stellt den ehrgeizigen Plan zum Aufbau einer Seewirtschaftszone vor, die gerade eben vom Staatrat in Beijing abgesegnet wurde. Mit der Umsetzung will man in Kürze beginnen. Man plant mehrere Cluster, um die Lage am Meer effizienter auszunutzen. So soll der Hafen von Ningbo ausgebaut und die Infrastruktur weiter verbessert werden. Eine besondere Beachtung schenkt man dabei der nachhaltigen Entwicklung. So sollen die benötigten Ressourcen aus erneuerbaren Energien, einschließlich der Atomenergie, gewonnen werden.
Kaum hat man den ausführlichen Vortrag über die Seeentwicklungszone verdaut, so geht es schon weiter. Die Transfar-Gruppe hat sich von einem bescheidenen Familienunternehmen zu den Top-500 der größten Betriebe Chinas entwickelt. Heute ist die Gruppe in verschiedenen Bereichen wie Chemie, Biotechnologie, Logistik und Finanzen tätig. Besonders Stolz ist man aber auf den Ruf eines sozial verantwortlichen Unternehmens. Transfar ist eines der ersten nicht-staatlichen Betriebe, in der die Strukturen der Kommunistischen Partei aufgebaut wurden. Mit direkten Folgen für die Beschäftigten: So wachsen die Löhne hier durchschnittlich um knappe 13 Prozent pro Jahr, während der Landesdurchschnitt bei etwa acht Prozent liegt.
Von dem Firmengelände von Transfar geht es gleich zu Dali Silk. Das Seidenunternehmen hat vor fünf Jahren in dem Industriegebiet von Hangzhou eine der modernsten Produktionsstätte Asiens gebaut. In den mit Solarzellen ausgestatteten Fabriken werden aber nicht traditionelle Qipaos und Halstücher für die Touristen hergestellt. 95 Prozent der Produktion geht ins Ausland und ist „High Fashion", so auch der englische Name der Firma. Ein herausstechendes Merkmal ist die besondere Rücksicht auf die Umwelt bei der traditionell umweltbelastenden Herstellung von Seide. Hier wurde kein Geld und Mühe gescheut, um den höchsten Standards zu entsprechen.
Auch der anstrengendste Tag geht irgendwann zu Ende. Doch hat sich das vielfältige Programm gelohnt, bei dem man aus verschiedenen Blickwinkeln auf die wirtschaftliche Entwicklung des modernen Chinas blicken kann. Wir sind gespannt, was uns morgen erwartet!