Chen Xiaoqiang kommt aus der ostchinesischen Provinz Shandong. 2008 ist er, drei Monate nach dem verheerenden Erdbeben im Kreis Wenchuan, nach Beichuan gereist – als einer der zahlreichen Helfer beim Wiederaufbau im Erdbebengebiet.
Damals hatte die chinesische Regierung beschlossen, dass sich 19 entwickelte Provinzen und regierungsunmittelbare Städte am Wiederaufbau beteiligen. Seitdem haben ungefähr 100.000 Helfer aus allen Teilen Chinas im Erdbebengebiet mit angepackt. Chen Xiaoqiang gehörte damals dem Hilfsteam aus Dezhou in Shangdong an. Er war hauptsächlich für drei Bauprojekte in Beichuan verantwortlich.
„Im Oktober 2008 bin ich zum ersten Mal in Beichuan gewesen. Als wir ankamen, waren die Rettungsarbeiten fast abgeschlossen. Das Leben der Erdbebenopfer verlief schon wieder in ruhigeren Bahnen. Trotzdem wohnten sie noch in Zelten oder provisorischen Unterkünften. Die Wege waren voller Löcher und Absenkungen. Überall lagen Trümmer."
Beichuan ist die einzige Kreisstadt im Erdbebengebiet, die nicht wieder an ihrer ursprünglichen Stelle aufgebaut wurde. Sie wurde durch das Erdbeben komplett zerstört, 15.645 Einwohner kamen ums Leben, 4311 galten als vermisst. Der Wiederaufbau war dort besonders schwer.
In den vergangen drei Jahren hat Chen Xiaoqiang mehr als die Hälfte seiner Zeit auf Baustellen verbracht. Mit seinen eigenen Augen hat er die Schwierigkeiten, aber auch die positiven Auswirkungen des Wiederaufbaus gesehen.
„Vor einem Jahr standen hier noch Gebäude mit drei bis vier Stockwerken. Es gab noch keine Straßen. Überall waren Baustellen. Täglich dröhnten die Maschinen und LKW fuhren hin und her. Überall waren Kräne zu sehen."
In den Bau des neuen Beichuan wurden insgesamt über 12 Milliarden Yuan investiert. Zu Spitzenzeiten arbeiteten hier mehr als 30.000 Menschen. Im September 2010 sind die Bauprojekte größtenteils fertig gestellt worden. Wie die meisten Helfer in Beichuan verließ auch Chen Xiaoqiang in Herbst die Stadt. Ende Januar 2011 jedoch kehrte er zurück. Vor ihm breitete sich eine völlig neue Stadt aus.
„Es gibt immer mehr Leute in Beichuan. Die Einwohner der alten Kreisstadt sind nach und nach hierher gezogen. Als wir damals die Stadt verließen, war sie noch leer. Aber nun sind Behörden und Einwohner wieder eingezogen. Hier ist es viel dynamischer geworden."
Das neue Beichuan erstreckt sich auf einer Fläche von 40.000 Quadratkilometern. Es gibt neue breite Straßen, die Gebäude sind durch den Stil der Qiang-Nationalität geprägt. Alle öffentlichen Einrichtungen, wie Schulen, Krankenhäuser oder Wasserwerke haben den Betrieb aufgenommen. Die neuen Häuser sind erdbebensicher bis zu einer Stärke von über 8 auf der Richterskala. Erwähnenswert ist auch, dass man sich beim Bau des neuen Beichuan an den Prinzipien des Umweltschutzes und der Energieeinsparung orientiert hat. Es gibt 16 Quadratmeter Grünfläche pro Einwohner.
Durch das verheerende Erdbeben wurde nicht nur die Stadt zerstört, auch die Überlebenden hatten mit großen psychischen Belastungen zu kämpfen. Die 22-jährige Wang Yuge war schon zweimal als Freiwillige in Beichuan. Für die junge Frau aus Shandong ist es ein Glück Kindern helfen zu können, die durch das Erdbeben Familienangehörige verloren haben,.
„Das Erdbeben hatte große negative psychologische Einflüsse auf die Kinder. Sie können sich bis heute noch nicht von den bitteren Erlebnissen befreien. Ich bin keine professionelle Psychiaterin, aber ich möchte ihnen durch meine Begleitung familiäre Wärme geben, damit sie auf diese Weise psychologisch positiv beeinflusst werden."
Als Freiwillige war Wang Yuge in fast allen Dörfern und Gemeinden in Beichuan. Sogar die kleinsten Veränderungen der Kinder haben sie sehr gefreut.
„Ich habe sehr deutlich gemerkt, dass die Kinder sich durch die Heilung der Psyche sehr verändert haben. Sie beginnen bei der Hausarbeit zu helfen und haben gelernt, mit Geschwistern und Verwandten gut umzugehen. Obwohl das nur Kleinigkeiten sind, ist es ein guter Beweis, dass unsere Anstrengungen Früchte getragen haben."
Bis jetzt haben Wang Yuge und ihr Team 560 Kindern geholfen. Die 22-jährige sagt, es sei ein tolles Gefühl, nach der Katastrophe wieder ein Lächeln auf den Gesichtern der Menschen im Erdbebengebiet sehen zu können.
Sowohl für Chen Xiaoqiang als auch für Wang Yuge ist Beichuan bereits zu einer zweiten Heimat geworden. Die Gedenkfeier am 12. Mai, dem dritten Jahrestag des Erdbebens in Sichuan soll nicht nur an die Erdbebenopfer erinnern. Sie ist auch ein guter Anlass, sich bei denjenigen zu bedanken, die in den letzten drei Jahren so zahlreich ihre Hilfe angeboten haben.
Übersetzt von Liu Xinyue
Gesprochen von Li Yanping