Anfang des 18. Jahrhunderts n. Chr. entstand in China eine bekannte Sammlung von Erzählungen: "Seltsame Geschichten aus dem Liaozhai". Darin hielt der Verfasser Pu Songling mit einzigartiger Erzähltechnik zahlreiche rührende Geschichten über Fuchsfeen fest.
Pu Songling (1640-1715 n. Chr.) war ein Literat der chinesischen Qing-Dynastie. Nach einer kränklichen und öden Kindheit versagte Pú mehrfach bei den kaiserlichen Examina. Seine Träume von einer Beamtenlaufbahn musste er daher frühzeitig aufgeben und arbeitete als Schullehrer. Mit spärlichen Einkünften und fernab von sozialer Anerkennung verbrachte er, abgesehen von einer weiteren Reise, sein gesamtes Leben in seiner Heimatprovinz Shandong. Dort eröffnete er ein Teehaus und lud seine Gäste zum Erzählen von Geschichten ein, die er dann aufschrieb und veröffentlichte. Erst im hohen Alter von 72 Jahren, drei Jahre vor seinem Tod, erhielt er ein kleines Amt. In der Zwischenzeit war er vor allem als Privatlehrer tätig, schrieb daneben jedoch unzählige Werke wie Handbücher, Enzyklopädien, Gedichte und Essays. In seinen nachgelassenen Papieren legt Pú Zeugnis von der Einsamkeit und der Frustration seiner letzten Jahre ab: „Ich bin nur ein Vogel, dem es vor dem Winterfrost graut und der in den Zweigen keine Zuflucht findet; die Herbstgrille, die den Mond anzirpt und sich an die Tür schmiegt, um ein wenig Wärme zu erhaschen. Wo sind die, die mich kennen?" Bis zu seinem Tod war ihm weder ein hoher sozialer Status beschieden noch eine politische Karriere; sein wirklicher Ruhm sollte ihm erst nach dem Tod folgen, dies in Form seines Lebenswerkes, des Liaozhai Zhiyi, die Novellensammlung "Seltsame Geschichten aus dem Liaozhai".
Das Werk "Seltsame Geschichten aus dem Liaozhai" fasst insgesamt 431 Erzählungen, wobei die kurzen Erzählungen ungefähr 200 bis 300 Worte und die langen mehrere tausend Worte zählen. Pu Songling kritisierte mit Hilfe seiner einzigartigen Erzählkunst in Geschichten über Fuchsfeen und Gespenster die feudale Ethik, das korrupte kaiserliche Prüfungssystem sowie die Riten der feudalen Gesellschaft und pries individuelle Freiheit. Die Liebesgeschichten sind unter den Lesern sehr beliebt. Meist sind es Liebesgeschichten zwischen Menschen und Fuchsfeen oder Gespenstern, die den Wunsch der jungen Männer und Frauen ausdrücken, sich der Fesseln der feudalen Ethik zu entledigen.
Die Fuchsfeen in der Sammlung "Seltsame Geschichten aus dem Liaozhai" treten meist in Gestalt von schönen, gutherzigen jungen Frauen auf. Xiaocui, die Hauptfigur aus der gleichnamigen Geschichte, gilt als die brillanteste dieser Gestalten. In dieser spannenden und interessanten Geschichte wird eine reine, gutherzige, findige und beliebte junge Frau geschildert, wobei dem Leser erst am Schluss der Geschichte klar wird, dass Xiaocui eigentlich eine kleine Fuchsfee ist, die sich bei der Familie Wang bedanken will, weil diese Familie ihre Mutter einmal gerettet hat.
In der Geschichte "Hochzeit der Fuchstochter" beschreibt Pu Songling die harmonische Atmosphäre bei der Hochzeit der Tochter einer Fuchsfamilie. Die gutherzige Fuchsfamilie empfängt die Menschen freundlich und so können die Leser die Leiden im wirklichen Leben vergessen.
In der Novellensammlung "Seltsame Geschichten aus dem Liaozhai" gibt es auch Geschichten über hässliche aber gutherzige Fuchsfeen. Die Geschichte "Die hässliche Fuchsfee" erzählt beispielsweise, wie eine hässliche Fuchsfee, die einen armen Schriftgelehrten finanziell unterstützt, von diesem, nachdem er reich geworden ist, mit Hilfe eines Alchimisten verjagt wird. Empört über die Undankbarkeit des Schriftgelehrten fordert die Fuchsfee alles, was sie dem Buchgelehrten gegeben hat, zurück und bestraft ihn. Mit dieser Geschichte zeigt Pu Songling so manche von Menschen begangene Untat auf.
In den Erzählungen werden auch schöne aber brutale Fuchsfeen geschildert. Ein Beispiel dafür findet sich in der Geschichte "Der Mensch, der aus der Haut fahren konnte". Darin bringt eine Fuchsfee mit einer schönen menschenähnlich bemalten Haut Menschen um und wird am Ende der Geschichte schließlich von Menschen getötet.
Pu Songling schildert in "Seltsame Geschichten aus dem Liaozhai" verschiedene weibliche Gestalten in Form von "Fuchsfeen", die zahlreiche übermenschliche Eigenschaften besitzen.
"Seltsame Geschichten aus dem Liaozhai" gilt als ein unvergängliches literarisches Werk in der Geschichte der chinesischen Literatur und ist in den letzten 200 Jahren in mehr als 20 Sprachen übersetzt und weltweit verbreitet worden. Einige Geschichten aus dieser Sammlung von Erzählungen sind auch als Film- bzw. Fernsehwerken verfilmt worden und sind noch immer sehr beliebt.