Ziel unseres Ausfluges war dann die "Jinjiuhöhle", wobei der Begriff "Schacht" eher zutrifft: es handelt sich dabei nämlich um mehrere Schächte und Gruben, die in einen kleinen Hügel hineingetrieben wurden und in denen Erz abgebaut wurde – nachweislich schon vor über 2.000 Jahren! Die ganze Anlage wurde 1987 entdeckt, nachdem beim Abtragen von Geröll Hinweise auf alte Erdgrabungen sichtbar wurden.
Eine Reiseführerin erklärte uns bei einem Gang über das Gelände weitere Einzelheiten über die Schächte und den Abbau von Erz in früheren Jahrhunderten, und eines wurde allein durch den Blick von außen hinein in einen Schacht – aus Sicherheitsgründen ist der Zugang für Touristen untersagt - deutlich: das Arbeiten dort muß damals eine elendige Schinderei gewesen sein und ganz sicher lebensgefährlich. Verabschiedet wurden wir schließlich mit einem interessanten Hinweis: uns wurden wild wachsend "Tongcaohua" gezeigt, auf Deutsch "Kupferblumen". Diese eher unscheinbaren Pflanzen blühen Ende November, die Farbe der Blüten ist dabei zartlila. Woher der ungewöhnliche Name kommt? Nun, die Kupferblume wächst vorwiegend auf Böden, die kupferhaltig sind, die Pflanze ist somit ein Indikator für das Vorkommen von Kupfererz. Unsere Reiseführerin beharrte sogar darauf, dass diese Blumen auch nach Kupfer riechen würden!
Wie genau denn nun Kupfer riecht, darüber hatten wir bei einem gemütlichen Spaziergang durch die Hügellandschaft in der "Naturzone Fenghuangshan" genügend Zeit nachzudenken. Keine zehn Busminuten entfernt von den alten Schachtanlagen sind die Hauptsehenswürdigkeit dort zwei Bäume, deren Wurzeln etwa zwei Meter auseinander liegen, die beiden Stämme jedoch umschließen sich in einigen Metern Höhe, ja sie scheinen sich dort regelrecht zu umschlingen, bevor sie dann in horizontaler Richtung wieder auseinander gewachsen sind. Kein Wunder also, dass die Dorfbewohner sie "Liebesbäume" nennen, und ebenfalls nicht verwunderlich ist es, das Liebende und Partnersuchende sich dort verabreden und rote Bändchen an die Äste knüpfen – beschriftet mit kleinen Sprüchen über die Liebe und oft auch mit der Bitte um eine glückliche Ehe oder das baldige Finden des Traumpartners.
Ein gepflasterter Weg führt dann weiter hinein in die Naturzone, an Steinhäusern und kleinen Feldern vorbei, und sogar ein Bächlein begleitet für einige Hundert Meter den Spaziergänger, bevor eine geschwungene Brücke schließlich den Weg zu einem kleinen, etwa zehn Meter hohen Wasserfall weist. Weiter geht es durch rechteckig angelegte Felder und an Steinmauern entlang wieder zurück zum Ausgangspunkt, vielleicht 45 Minuten dauerte dieser gemütliche Spaziergang, ein lohnenswertes Ausflugsziel für die Menschen in Tongling.
Der Rest des Tages ist kurz zusammen gefaßt: Frau Li Yinghong von der Stadtverwaltung informierte uns über die Beziehungen mit den Partnerstädten von Tongling, dazu zählen etwa Antofagsta im Norden Chiles, Bogan Shire im australischen Bundesstaat New South Wales und Skelleftea in der schwedischen Provinz Västerbottens. Zehn Orte sind es an der Zahl, und besonders stolz sind in diesem Zusammenhang sicher die Marbacher in Baden-Württemberg, sie pflegen nämlich seit 1990 partnerschaftliche Beziehungen zu Tongling, so lange wie keine andere Stadt. Frau Li Yinghong erwähnte noch, dass man ja in diesem Jahr den 20-jährigen Jahrestag dieser Partnerschaft mit der Geburtsstadt Schillers feiere, Details über geplante Veranstaltungen wollte sie aber noch nicht verraten.
Am Abend wurden wir schließlich zur Eröffnungszeremonie der 11. Tonglinger Bronzemesse eingeladen, auf einer Freiluftbühne folgten nach den üblichen Grußworten viele Tanz- und Showeinlagen, es gab eine Lichtshow und sogar mehrmaliges Feuerwerk. Durch das Programm führte auch Zhou Tao, bekannt durch ihre Arbeit bei CCTV, und obwohl es die meiste Zeit nieselte und die Temperaturen nicht mehr ganz geeignet waren für solch eine lange Abendveranstaltung, zeigten die Akteure eine professionelle Einstellung, und das Publikum wärmte sich daher gerne mit dankendem Applaus auf.
Text und Fotos: Christoph Limbrunner