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Alte Minenschächte, eine neue Landschaftszone und eine verregnete Abschlußshow (12. Oktober 2010)
  2010-10-13 10:05:12  cri
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Verläßt man in China die Großstädte, so scheint es oft, als ob man sich in eine andere Welt begeben würde, zumindest aber in eine andere Zeit: die oft mehrspurigen Fernstraßen führen meist noch direkt hinein und mitten durch die Ortschaften und Dörfer auf dem Land, Umgehungsstraßen gibt es nur selten. Das ist für die Menschen sicher mehr als unangenehm, gerade der Schwerlastverkehr ist störend in der Ortsmitte und oft auch gefährlich, man kennt das aus früheren Zeiten in Deutschland. Für den Reisenden allerdings bietet dies eine gute Gelegenheit, auf dem Weg von A nach B einen kleinen, wenn auch kurzen Einblick in das Leben auf dem Land in China zu bekommen – und so begann dann auch unser heutiger Tag: mit dem Bus ging es von Tongling in das Dorf Fenghuang in der Gemeinde Shun´an in einem Außenbezirk der "Kupferstadt". Auf der einstündigen Fahrt passierten wir dabei genau solche Ortschaften und Dörfer wie eingangs erwähnt: links und rechts der Straße standen einfache Bauten und Läden, in denen auf kleinen Tischen Gemüse und Alltagsartikel verkauft wurden, ein Metzger zerlegte am Straßenrand Schweinerippen, Dorfbewohner suchten unter Dachvorsprüngen und Planen Schutz vor dem Nieselregen und schwatzten bei einer Zigarette mit den Nacharn, und freilaufende Hunde suchen in Mülltüten am Straßenrand nach Essensresten. Vor den größtenteils einstöckigen Häusern waren oft kleine Gärten zu sehen, in denen Gemüse angebaut wurde, die dunkelbraune Erde versprach dabei zumindest vom Busfenster aus eine gute Ernte. Etwas weiter passierten wir schließlich eine Bahnschranke, bei der zwei Männer mit Schutzwesten, ganz offensichlich Schrankenwärter, saßen und auf einem kleinen Gaskocher eine Suppe kochten. Ihr Bahnwärterhäuschen erschien dabei äußerst einfach gebaut, Platz war nur für kleine Sitz- und Schlafgelegenheiten sowie eine Kochstelle und ein paar Schränke. Die Kluft zwischen Stadt und Land ist deutlich erkennbar bei solchen Ausflügen, es gibt also auch auf diesem Gebiet noch viel zu meistern in China.

Ziel unseres Ausfluges war dann die "Jinjiuhöhle", wobei der Begriff "Schacht" eher zutrifft: es handelt sich dabei nämlich um mehrere Schächte und Gruben, die in einen kleinen Hügel hineingetrieben wurden und in denen Erz abgebaut wurde – nachweislich schon vor über 2.000 Jahren! Die ganze Anlage wurde 1987 entdeckt, nachdem beim Abtragen von Geröll Hinweise auf alte Erdgrabungen sichtbar wurden.

Eine Reiseführerin erklärte uns bei einem Gang über das Gelände weitere Einzelheiten über die Schächte und den Abbau von Erz in früheren Jahrhunderten, und eines wurde allein durch den Blick von außen hinein in einen Schacht – aus Sicherheitsgründen ist der Zugang für Touristen untersagt - deutlich: das Arbeiten dort muß damals eine elendige Schinderei gewesen sein und ganz sicher lebensgefährlich. Verabschiedet wurden wir schließlich mit einem interessanten Hinweis: uns wurden wild wachsend "Tongcaohua" gezeigt, auf Deutsch "Kupferblumen". Diese eher unscheinbaren Pflanzen blühen Ende November, die Farbe der Blüten ist dabei zartlila. Woher der ungewöhnliche Name kommt? Nun, die Kupferblume wächst vorwiegend auf Böden, die kupferhaltig sind, die Pflanze ist somit ein Indikator für das Vorkommen von Kupfererz. Unsere Reiseführerin beharrte sogar darauf, dass diese Blumen auch nach Kupfer riechen würden!

Wie genau denn nun Kupfer riecht, darüber hatten wir bei einem gemütlichen Spaziergang durch die Hügellandschaft in der "Naturzone Fenghuangshan" genügend Zeit nachzudenken. Keine zehn Busminuten entfernt von den alten Schachtanlagen sind die Hauptsehenswürdigkeit dort zwei Bäume, deren Wurzeln etwa zwei Meter auseinander liegen, die beiden Stämme jedoch umschließen sich in einigen Metern Höhe, ja sie scheinen sich dort regelrecht zu umschlingen, bevor sie dann in horizontaler Richtung wieder auseinander gewachsen sind. Kein Wunder also, dass die Dorfbewohner sie "Liebesbäume" nennen, und ebenfalls nicht verwunderlich ist es, das Liebende und Partnersuchende sich dort verabreden und rote Bändchen an die Äste knüpfen – beschriftet mit kleinen Sprüchen über die Liebe und oft auch mit der Bitte um eine glückliche Ehe oder das baldige Finden des Traumpartners.

Ein gepflasterter Weg führt dann weiter hinein in die Naturzone, an Steinhäusern und kleinen Feldern vorbei, und sogar ein Bächlein begleitet für einige Hundert Meter den Spaziergänger, bevor eine geschwungene Brücke schließlich den Weg zu einem kleinen, etwa zehn Meter hohen Wasserfall weist. Weiter geht es durch rechteckig angelegte Felder und an Steinmauern entlang wieder zurück zum Ausgangspunkt, vielleicht 45 Minuten dauerte dieser gemütliche Spaziergang, ein lohnenswertes Ausflugsziel für die Menschen in Tongling.

Der Rest des Tages ist kurz zusammen gefaßt: Frau Li Yinghong von der Stadtverwaltung informierte uns über die Beziehungen mit den Partnerstädten von Tongling, dazu zählen etwa Antofagsta im Norden Chiles, Bogan Shire im australischen Bundesstaat New South Wales und Skelleftea in der schwedischen Provinz Västerbottens. Zehn Orte sind es an der Zahl, und besonders stolz sind in diesem Zusammenhang sicher die Marbacher in Baden-Württemberg, sie pflegen nämlich seit 1990 partnerschaftliche Beziehungen zu Tongling, so lange wie keine andere Stadt. Frau Li Yinghong erwähnte noch, dass man ja in diesem Jahr den 20-jährigen Jahrestag dieser Partnerschaft mit der Geburtsstadt Schillers feiere, Details über geplante Veranstaltungen wollte sie aber noch nicht verraten.

Am Abend wurden wir schließlich zur Eröffnungszeremonie der 11. Tonglinger Bronzemesse eingeladen, auf einer Freiluftbühne folgten nach den üblichen Grußworten viele Tanz- und Showeinlagen, es gab eine Lichtshow und sogar mehrmaliges Feuerwerk. Durch das Programm führte auch Zhou Tao, bekannt durch ihre Arbeit bei CCTV, und obwohl es die meiste Zeit nieselte und die Temperaturen nicht mehr ganz geeignet waren für solch eine lange Abendveranstaltung, zeigten die Akteure eine professionelle Einstellung, und das Publikum wärmte sich daher gerne mit dankendem Applaus auf.

Text und Fotos: Christoph Limbrunner

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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