Im Altbau „Fayou" am historischen Bund ist heute das Shanghaier Stadtarchiv untergebracht. Während der Expo 2010 findet hier eine Ausstellung mit dem Namen „Dokumente zur chinesischen Expo-Erinnerung" statt. Bei den Ausstellungsstücken handelt es sich um fast hundert Dokumente und über 200 Fotos aus ganz China, welche den Expotraum der Chinesen über mehrere Generationen hinweg nachzeichnen. In unserer heutigen Sendung machen wir einen Abstecher ins Archiv nach Shanghai, und schauen uns an, wann und wo eigentlich der Ursprung des chinesischen Expotraums liegt.
Wu Chen ist der Leiter des Shanghaier Stadtarchivs. Er hält die Expo-Ausstellung für ein großartiges Geschenk:
„Die meisten Exponate dieser Ausstellung wurden von den Provinzarchiven zur Verfügung gestellt. Sie veranschaulichen den Expotraum mehrerer Generationen und den steinigen Weg, den diese Generationen bis zur Erfüllung ihres Traumes zurücklegen mussten. Die Ausstellungsbesucher können nicht nur auf diesen beschwerlichen Weg zurückschauen, sondern sich auch am Dialog Chinas mit dem Ausland sowie an den Errungenschaften der menschlichen Zivilisation erfreuen. Man kann daraus viel lernen."
China nahm bereits an der ersten Weltausstellung in London im Jahr 1851 teil. Im 19. Jahrhundert galt die Teilnahme oder gar die Weltausstellung als großer Imagegewinn für ein Land. Auch in den kaiserlichen Archiven aus der Qing-Zeit gibt es eine Vielzahl von Dokumenten zur Expo wie etwa Edikte des Kaisers oder diplomatische Noten. Für die Expo-Ausstellung in Shanghai wurden nur die wertvollsten dieser Dokumente ausgewählt. Sie sind im Ausstellungsbereich „Verbliebene Schätze" zu sehen. Wu Chen stellt uns seine Lieblingsexponate gleich selber vor:
„Dies hier ist die Note, die der österreichische Gesandte der Qing-Regierung im Oktober 1870 überreicht hat. In dieser Note hier vom August 1877 dankt ein amerikanischer Gesandter China für die Unterstützung der Qing-Regierung bei der Durchführung der Expo in Philadelphia."
Besonders interessant an diesem Ausstellungsbereich ist folgende Anekdote: obwohl die Qing-Regierung ein Amt für auswärtige Angelegenheiten hatte, spielte das Zollamt bei der Expo-Teilnahme von China eine bedeutende Rolle. Die Ausstellungsstücke hier wurden uns vom Zollamt zur Verfügung gestellt. Das Zollamt der Qing-Regierung hat Chinas Auftritte von der Pariser Expo im Jahr 1867 bis zur Weltausstellung im belgischen Lüttich im Jahr 1905 organisiert.
Der Expotraum der Chinesen erlosch nicht einmal in der politisch instabilen Zeit von 1912 bis 1949. Das wertvollste Exponat aus dieser Zeit ist das seltene Gedenkhandtuch von der Ausstellung in Panama aus dem Jahr 1915. Das Tuch ist mit dem offiziellen Messenamen auf Englisch sowie den Namen aller Teilnehmerländer bestickt. Im chinesischen Dorf auf der Weltausstellung in Chicago im Jahr 1933 wurde eine Ausstellung mit 8.000 Exponaten aus allen Landesteilen Chinas gezeigt. Diese China-Ausstellung zog über 15.000 Besucher an.
Nach dem Themenbereich „Verbliebene Schätze" gelangt der Besucher der Expo-Ausstellung im Shanghaier Stadtarchiv in den Bereich „Erfüllter Expotraum". In diesem Bereich wird der Weg des neuen China bis zur Erfüllung seines Expotraums aufgezeigt. Laut Wu Chen werden viele der Exponate hier zum ersten Mal überhaupt der Öffentlichkeit präsentiert. Sie sind der Beweis dafür, dass China bereits in den 1950er Jahren mit dem Gedanken gespielt hat, die Weltausstellung auszutragen. In Shanghai selber wurde in den 1980er Jahren erstmals die Machbarkeit einer Expo in Erwägung gezogen. Wu Chen weiß mehr:
„Bei einem dieser erstmals veröffentlichten Dokumente aus dem Jahr 1958 handelt es sich um einen Bericht des damaligen Vizeaußenministers Zhang Wentian. In seinem Bericht schlägt Zhang der Zentralregierung vor, in Shanghai zu gegebener Zeit eine internationale Messe auszurichten. In diesem Ausstellungsbereich hier kann man auch den entsprechenden Aktenvermerk von Ministerpräsident Zhou Enlai begutachten. Einem anderen Dokument zufolge beauftragte Shanghai im Jahr 1985 eine japanische Delegation, die Machbarkeit von internationalen Messen in Shanghai zu prüfen."
Am 3. Dezember 2002 erhielt Shanghai das Austragungsrecht für die Expo 2010. Damit wurde China das erste Entwicklungsland, das mit der Durchführung der Weltausstellung betraut wurde.
Die Ausstellung „Dokumente zur chinesischen Expo-Erinnerung" hat seit ihrer Eröffnung Ende April schon eine große Besucherzahl angezogen. Auch viele Schulklassen haben die Chance wahrgenommen und einen Abstecher ins Archiv am Bund gemacht, um sich über die chinesische Expo-Geschichte zu informieren.
Wang Juan führt die Besucher durchs Archiv. Die Ausstellung werde von den Besuchern sehr positiv bewertet, sagt sie, und meint damit auch die Schüler:
„Viele Kinder zeigten sich von der Ausstellung begeistert und haben ihre Gefühle spontan ins Gästebuch eingetragen. Einige schrieben, sie hätten durch die Ausstellung mehr über die Geschichte der Expo erfahren und seien als Chinesen sehr stolz darauf."
Damit noch mehr Besucher sich über den steinigen Weg Chinas zum Austragungsland der Expo 2010 informieren können, bleibt die Ausstellung noch bis Jahresende kostenlos geöffnet. Falls auch Sie, liebe Hörer, sich auf die Spuren der Expo in China begeben möchten, dann schauen Sie doch im Shanghaier Stadtarchiv am Bund vorbei!
Geschrieben von: Wu Qian
Übersetzt und gesprochen von: Liu Yuanyuan