Sie haben sicherlich schon einmal von der weltberühmten Seidenstraße gehört. Weniger bekannt sind allerdings ähnlich wichtige Verkehrswege wie die 1400 Jahre alten Teehandelsrouten, die in Südwestchina ihren Ursprung haben. Entlang einer dieser Routen in Yunnan steht noch eine alte Station für Fuhrleute. In dieser Poststation kann man quasi noch das Leben von damals spüren, wie Lü Xiqian berichtet.
In alter Zeit gab es gleich mehrere Teehandelsrouten. Dabei war oft die heutige südwestchinesische Provinz Yunnan der Ausgangspunkt der Handelswege in Richtung Beijing, Tibet, Myanmar, Nepal und Indien. Die "Cha Ma Gu Dao", auf Deutsch "alte Wege für Tee und Pferde" verband damals Yunnan mit Tibet. Auf dieser Route wurde Tee mit Pferden transportiert und daher kommt auch der Name dieser Handelsstraße.
Im Dorf Nakeli im Kreis Ning´er in Yunnan sind noch etwa 10 Kilometer dieser einmalig sehr langen Teehandelsroute gut erhalten. Entlang der Strecke gab es zahlreiche Poststationen, wo Fuhrleute und ihre Pferde rasten konnten. Einige dieser Stationen wurden im vergangenen Jahr renoviert und Touristen zugänglich gemacht. Hanfsäcke, Wasserkessel und Glöckchen vermitteln die Atmosphäre aus längst verflossenen Zeiten. Unter all den Poststationen ist die "Rongfa- Station" besonders bekannt. Sie ist etwa 300 Jahre alt. Der jetzige Besitzer heißt Li Tianlin. Sein Großvater kaufte die Station 1935. Seitdem wurde sie von Generation zu Generation vererbt. Als Li Tianlin noch ein kleiner Junge war, hat sein Großvater ihm vieles über die frühere Poststation erzählt. Diese Geschichten sind Li Tianlin noch immer in Erinnerung.
"Damals war unsere Poststation relativ groß und bot Platz für etwa 100 Pferde. Pro Tag wurden damals etwa 70 bis 80 Pferde erwartet. Zuerst versorgten wir die Pferde mit Wasser und Futter. Danach kümmerten wir uns, um das Essen für die Postkutscher. Beim ersten Hahnenschrei mussten wir bereits aufstehen, um Frühstück für die Fuhrleute zu machen. Nachdem diese sich auf den Weg machten, bereiteten wir uns schon auf die nächsten Gäste vor. Wir hatten die Station bis 1954 betrieben. Damals baute die Regierung dann eine Straße und immer mehr Traktoren und LKWs kamen. Gleichzeitig verschwanden die Pferdekarawanen allmählich."
Poststation "Rongfa"
Li Tianlin betreibt das geerbte Geschäft gemeinsam mit seiner Familie. Dabei handelt sich aber nicht mehr um eine Poststation, sondern um ein Restaurant unter demselben Namen "Rongfa". Li Tianlin sagt, vor etwa zwei Jahren sei seine Heimat von einem Erdbeben mit der Stärke 6,4 auf der Richterskala heimgesucht worden. Viele Bauernhäuser seien dabei zerstört worden. Auch Li Tianlins Häuser hätten schwer etwas abbekommen. Mit finanzieller Unterstützung der lokalen Regierung renovierte Li Tianlin im vergangenen Jahr die alte Poststation und eröffnete das Restaurant. Der 60 Jährige ist sehr zufrieden mit dem Endresultat.
"Zum Frühlingsfest, zum internationalen Frauentag sowie am ersten Mai haben wir die meisten Gäste gehabt, so etwa 170 bis 180 am Tag. Unser Restaurant hat zwar erst im vergangenen Jahr aufgemacht, doch schon jetzt wissen mehr und mehr Gäste von unserem Geschäft und kommen zum Essen. Damit steigt auch unser Einkommen ständig. Im vergangenen Jahr haben wir schon mehr als 10.000 Yuan RMB verdient."
Frau Xu kommt aus der nah gelegenen Stadt Pu´er. Sie besucht das Restaurant recht häufig, wenn sie am Wochenende einen Ausflug nach Nakeli macht. Xu ist vor allem vom Bio-Bankett des Restaurants begeistert.
"Die größte Besonderheit des Restaurants sind die Ökospeisen, wie zum Beispiel wildes Gemüse und verschiedene Gerichte aus selbst gemachtem Tofu. Da gibt es unter anderen Tofu-Suppe, Tofu-Trester und Tofu-Pudding. So etwas kann man nur sehr schwierig in der Stadt finden und es schmeckt so lecker."
Li Tianlin sagt, mittlerweile kämen auch immer mehr Ausländer in sein Restaurant. Eine Amerikanerin habe ihn dabei besonders beeindruckt. Denn sie kam mit einem alten Foto von ihrem Großvater, der vor über Hundert Jahren in der Poststation "Rongfa" übernachtet hatte. Die Frau hatte im Nachlass ihres Großvaters das Foto gefunden und das heutige Restaurant "Rongfa" aufgespürt. Einige ausländische Gäste haben nach ihrer Heimkehr auch Fotos oder Postkarten an Li Tianlin geschickt. Solche Überraschungen machen Li Tianlin auch Mut, dass sein Geschäft und sein Leben immer besser werden.
Geschrieben von: Ren Chunsheng
Übersetzt von: Zhu Liwen
Gesprochen von: Lü Xiqian