In letzter Zeit wurde häufig vom Begriff "greater China" gesprochen: Damit ist ein Kulturraum gemeint, der das chinesische Festland und die Inselprovinz Taiwan sowie die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao umfasst. Besonders erwähnenswert ist die zunehmend prosperierende Zusammenarbeit innerhalb des chinesischen Wirtschaftsraums. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in unserem folgenden Beitrag.

Insbesondere das chinesische Festland ist eine äußerst dynamische Wirtschaftsregion. Trotz dem Umstand, dass das chinesische Festland, die Inselprovinz Taiwan und die Sonderverwaltungszonen Hongkong sowie Macao, eine unterschiedliche wirtschaftspolitische Entwicklung durchgemacht haben, ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen diesen vier Regionen enger als anderswo in der Welt. Von der Zusammenarbeit dieser Wirtschaftsräume haben vor allem die Provinzen entlang der Küste auf dem chinesischen Festland profitiert, beispielsweise die Provinz Guangdong, die sich innerhalb von drei Jahrzehnten von einer rückständigen Agrarprovinz zu Chinas dynamischster Wirtschaftsregion entwickelt hat.

Vor dreißig Jahren, also zu Beginn der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik, gewährte die Zentralregierung der Provinz Guangdong wirtschaftspolitische Sonderrechte. Dies führte dazu, dass die südchinesische Provinz eine Vorreiterrolle bei der Öffnung Chinas, vor allem im Bereich der Investitionen aus dem Ausland sowie aus Hongkong, Macao und Taiwan, eingenommen hat. In Guangdong kam es infolgedessen zu einem wahren Investitionsboom. Dank ihrer geografischen Nähe zum chinesischen Mutterland ist es zahlreichen Unternehmen aus Hongkong, Macao und Taiwan gelungen, den neuen Markt schneller als andere zu erobern. Bereits Ende der 1970er Jahre begannen sie mit dem Bau von Fabriken in Guangdong. Guangdong diente ihnen als Brückenkopf für ihre künftige Geschäftserweiterung.

Offiziellen Angaben zufolge wurden in der Provinz Guangdong bis Ende 2007 auswärtige Investitionen von mehr als 190 Milliarden US-Dollar getätigt. Über 80 Prozent dieser Investitionen stammen aus Hongkong, Macao und Taiwan. Im Moment sind etwa 120.000 Unternehmen aus diesen drei Regionen in Guangdong tätig. Im Laufe der Zeit entstand im Perlflussdelta auch eine spezifische Branchenstruktur. Während sich die Provinz Guangdong zu einem Produktions- und Verarbeitungsstandort entwickelt hat, verwandelten sich die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao zu eigentlichen Vertriebszentren.

Ein typisches Unternehmen der Provinz Guangdong ist die Guangzhou Zhentai Group. Sie ist die Tochterfirma eines Hongkonger Unternehmens. Im Jahr 1983 eröffnete der Spielzeughersteller eine Fabrik in Guangzhou, der Hauptstadt der südchinesischen Provinz Guangdong. Innerhalb von 20 Jahren hat sich die einst kleine und kapitalbedürftige Firma zum landesweiten Branchenführer gemausert. Jiao Yanxiang, die Vizedirektorin des Spielzeugunternehmens, kann sich noch gut an die Zeit der Firmengründung erinnern:

"Unser Firmengelände bestand damals ausschließlich aus einer abgelegenen Ackerfläche. Geschäfte gab es hier selbstverständlich keine. Bei der Firmengründung besaßen wir nur 200.000 Yuan RMB Stammkapital. Wir beschäftigten damals lediglich 20 Mitarbeiter. Heute arbeiten mehr als 30.000 Menschen in unserer Firma. Wir sind derzeit in der Lage, pro Jahr drei Milliarden Yuan RMB zu erwirtschaften."

Die Guangzhou Zhentai Group hat sich auf Spielzeuge und Elektroprodukte spezialisiert. Ihre Produkte werden allesamt nach Europa und Nordamerika exportiert. Besonders wichtig im harten Kampf um die europäischen und amerikanischen Kunden sind heutzutage gute Qualität und ein hervorragendes Design. Vizedirektorin Jiao Yanxiang ist sich der Wichtigkeit von Qualität bewusst. Sie sagt, alle Produkte der Guangzhou Zhentai Group würden vor dem Verkauf einer strengen internen Qualitätsprüfung unterzogen:

"Die Qualität unserer Produkte wird seit jeher streng überprüft. Zur Qualitätskontrolle haben wir ein ausgefeiltes betriebsinternes Labor. All unsere Produkte durchlaufen entsprechende physische und chemische Prüfungen. Das gilt insbesondere für Spielzeuge. Schließlich sind unsere Hauptkunden Kinder."

Wie die Guangzhou Zhentai Group errichteten auch zahlreiche andere Unternehmen aus Hongkong, Macao und Taiwan in den 1980er Jahren aufgrund der vergleichsweise niedrigen Miet- und Arbeitskosten ihren Produktionsstandort in der Provinz Guangdong. Von Guangdong aus begannen sie schließlich, ihre günstigen Textilien und Spielzeuge ins Ausland zu exportieren.

Wu Jun, der stellvertretende Leiter des Außenhandelsamts der Provinz Guangdong, vertritt die Ansicht, dass die Entwicklung der arbeitsintensiven Branchen in Guangdong sowohl den lokalen als auch den überregionalen Arbeitsmarkt entlastet hat:

"Die Entwicklung der verarbeitenden Industrie schafft Arbeitsplätze und sorgt für gesellschaftliche Stabilität. Selbstverständlich profitieren davon in erster Linie die Unternehmen."

Allerdings hat sich die Stimmung unter den zusehends von der globalen Rezession gebeutelten chinesischen Unternehmer - egal, ob auf dem Festland, auf Taiwan, in Hongkong oder in Macao - inzwischen ein wenig abgekühlt. Besonders hart von der mangelnden Nachfrage aus Übersee getroffen wurde die verarbeitende Industrie. Erfreulicherweise hat eine Vielzahl von Unternehmen ihre Investitionsstrategie bereits vor einigen Jahren geändert. Hohe Geldsummen sind seither in technologieintensive Branchen geflossen. Mit dieser neuen Investitionsstrategie begann auch die neue Ära der schnellen Entwicklung der Hightech-Industrie in der Provinz Guangdong.

Ein Beispiel für die schnelle Entwicklung der Hightech-Industrie in Guangdong ist die Delta Electronics Inc., ein namhafter Taiwaner Hersteller von Elektronik-Komponenten und Netzausrüstungen für die Telekommunikation. Bereits vor zehn Jahren hat sich das Unternehmen in der Stadt Dongguan niedergelassen. Das gute Investitionsklima und die breite Entwicklungsperspektive haben die Unternehmensführung veranlasst, anstatt Fabrikhallen zu pachten, vom Recht der Bodennutzung Gebrauch zu machen und eigene Produktionsstätten zu bauen. Die langfristigen Investitionen der Delta Electronics Inc. haben sich inzwischen ausbezahlt. So beschäftigt die Firma am Standort Dongguan über 20.000 Mitarbeiter. Ihr durchschnittliches Wachstum pro Jahr beträgt beachtliche 40 Prozent.

Von Dongguan aus gelang es der Delta Electronics Inc. in die Provinzen Jiangsu und Anhui zu expandieren. In diesem Jahr erwartet die Firma einen weltweiten Umsatz von 5,8 Milliarden US-Dollar. 70 Prozent dieses Umsatzes sollen auf dem chinesischen Festland generiert werden. Der Standort Dongguan habe der Delta Electronics Inc. eine langfristige Perspektive eröffnet und großen Gewinn gebracht, sagt Tseng Chih-chien, der Vizepräsident des Unternehmens. Auch mit dem gegenwärtigen Geschäftsverlauf zeigt sich Tseng Chih-chien sehr zufrieden:

"Das Ziel unseres Unternehmens ist es, unser jährliches Wachstum beizubehalten. Sowohl was den Gewinn als auch die Gesamtleistung unseres Unternehmens anbelangt, befinden wir uns derzeit in einer sehr guten Phase."

In den letzten Jahren haben Unternehmen aus Hongkong, Macao und Taiwan ihre Investitionen in der Provinz Guangdong auf weitere Branchen ausgedehnt. Investiert wurde vor allem in die Bereiche Immobilien, Logistik, Ausstellungswesen, Finanzdienstleistungen sowie Pharma.