Der 18. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas steht im Mittelpunkt des globalen Interesses. Wir haben uns mit dem Sinologie-Professor der Universität Wien, Richard Trappl, unterhalten. Auf die Rede von Hu Jintao angesprochen, betonte der Fachmann, dass der chinesische Staatspräsident relevante Probleme der heutigen Gesellschaft genannt hat.
In seiner Rede vor den Delegierten legte Hu Jintao großen Wert auf das Konzept des Sozialismus chinesischer Prägung. Der Begriff wird in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. Seine heutige Bedeutung interpretiert Professor Trappl folgendermaßen:
„In einer so globalisierten und vernetzten Welt wie heute muss natürlich jedes Staatswesen und jedes Partei-Statut immer wieder reformiert werden und den Gegebenheiten, den Realitäten angepasst werden. China hat hier seinen eigenen Weg in den letzten Jahrzehnten der Welt und sich selbst gezeigt, nämlich eine starke Betonung und Performanz im quantitativen Wachstum der Ökonomie. Und ich denke, dass jetzt die Zeit gekommen ist, wo ein qualitatives Wachstum unbedingt notwendig wird. Er muss weiter und nachhaltig durchgesetzt werden."
Prof. Trappl ist der China-Beauftragte der Universität Wien und Leiter des dortigen Konfuzius-Instituts. Der ausgewiesene Experte ist mehrmals im Jahr in China und kennt sich mit guten wie schlechten Seiten des modernen Chinas aus. So schätzt er auch, dass Hu Jintao in seinem Bericht das Problem der Korruption angesprochen hat.
„Ich glaube, dass der Kampf gegen die Korruption an sehr vorderer Stelle steht und das hier die Partei und die Regierung wirklich sehr transparent vorgehen müssen, damit die Bevölkerung auch weiß, das hier nicht nur verbale Bekenntnisse abgelegt werden, sondern dass wirklich Korruption schon von Anfang an in Schach gehalten wird. Auch hat Präsident Hu Jintao „rule of law" angesprochen, also das heißt, das Gesetz steht über den Einzelnen. Und in den letzten Jahrzehnten wurden hier enorm viele Gesetze, sehr konstruktive Gesetze, geschaffen."
Ein andere Herausforderung des gegenwärtigen Chinas ist der Unterschied zwischen Arm und Reich. Professor Trappl ist überzeugt, dass die chinesische Regierung mehr im sozialen Bereich tun wird.
„Wenn man nun diese fulminante wirtschaftliche Entwicklung Chinas betrachtet, so muss man gleichzeitig auch daran denken, dass es damit auch Probleme gegeben hat oder gibt: nämlich die Kluft zwischen Reichen und einer Bevölkerungsschicht, die eben benachteiligt ist, sei es auf dem Land oder in den Westgebieten. Ich glaube das ist die ganz große Aufgabe der neuen Regierung, oder jeder Regierung, diese Kluft zwischen Arm und Reich kleiner zu machen und die Politik der Entwicklung der Westgebiete weiter voranzutreiben. Also die Ambitionen sind ganz eindeutig hier. Ich bin überzeigt, dass die nächste Partei- und Regierungsführung die in dieser Richtung entsprechende notwendige Reformen machen und auch umsetzen wird."
Eine andere wichtige Frage, die Experten und Fachleute in der Welt und vor allem im Westen umtreibt, ist die Frage der politischen Reformen. Auch dieses Thema hat Hu Jintao in seinem Bericht angesprochen. Richard Trappl stellt sich eindeutig auf die Seite der Reformer:
„Ich glaube, dass es insbesondere im Zeitalter des Internets und verschiedener Plattformen für beide Seiten, für die Regierung als auch für die Bevölkerung, sinnvoll und konstruktiv ist, diesen Stimmen mehr Gewicht zu geben und mehr auf die Bedürfnisse der Einzelnen zu hören und auch einzelnen Gruppierungen zuzuhören. Also ich glaube, dass dieser Dialog nicht nur sinnvoll ist und vorangetrieben sollte, sondern dass er im Sinne aller in dieser Richtung entwickelt wird."