Henry Kissinger gilt als wichtiger Zeitzeuge für die Entwicklung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Auf einem vor kurzem veranstalteten Symposium hat er auf seine 40-jährige Karriere sowie die verschiedenen Begegnungen mit chinesischen Politikern zurückgeschaut. Seiner Meinung nach hat sich China unter der Führung von Leuten wie Deng Xiaoping, dem Architekten der Reform- und Öffnungspolitik, kontinuierlich nach außen geöffnet und in die internationale Gemeinschaft integriert.
Der ehemalige US-Außenminister wies auch auf die großen Veränderungen innerhalb der KP Chinas hin, die sich in den vergangenen 30 Jahren vollzogen haben. Im bevorstehenden 18. Parteitag sieht Kissinger in erster Linie eine neue Chance für China:
„Alle Menschen haben die enormen Veränderungen in China in den letzten 40 Jahren gesehen – besonders die Leistungen seit Einleitung der Reform- und Öffnungspolitik in den 1980er Jahren. Wir sind der Ansicht, dass China immer transparenter wird, und sein Rechtssystem immer zuverlässiger. Allerdings muss in China noch vieles reguliert werden. Alle Ökonomen vertreten die Meinung, dass China seinen Export reduzieren und seinen Konsum erhöhen sollte. Das ist eine wirtschaftliche Frage, die auch große Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Auch außenpolitisch wird China in Zukunft wichtigen Einfluss ausüben."
Seit Beginn seiner Reform- und Öffnungspolitik hat China eine beispiellose wirtschaftliche Entwicklung hingelegt. Inzwischen ist die Volksrepublik zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen. Die größte Wirtschaftsmacht und der größte Industriestaat sind aber nach wie vor die USA. Nur logisch also, dass Washington der künftigen Ausrichtung der bilateralen Beziehungen mit China große Aufmerksamkeit schenkt. Staples Roy, der ehemalige Botschafter der USA in China, geht beispielsweise davon aus, dass die auf dem 18. Parteitag bestimmte neue Führung starken Einfluss auf die bilateralen Beziehungen mit Washington ausüben wird:
„Die eigentliche Frage der chinesisch-amerikanischen Beziehungen besteht darin, ob die zwei wichtigsten Volkswirtschaften der Welt ihre Beziehungen – das heißt die Beziehungen zwischen einer traditionellen Macht und einer aufstrebenden Macht – vernünftig behandeln können. In der Geschichte waren solche Beziehungen oft sehr schwierig, und oft kam es zu blutigen Konflikten. Die Politiker Chinas und der USA haben das zur Kenntnis genommen, und strategische Ziele sowie einen Rahmen festgelegt, um solche Konflikte zu verhindern. Allerdings ist es ihnen noch nicht gelungen, diese Ziele und diesen Rahmen in die Errichtung von ausgewogenen und kooperativen Beziehungen zu integrieren. Das ist nicht nur die Aufgabe der neuen chinesischen Führung, sondern auch der neue US-Präsident muss diese Frage lösen. Der bevorstehende Parteitag ist daher von äußerst großer Bedeutung. Er wird die neue Führung bestimmen, die mit ihrer Kreativität diese Frage lösen muss."