WHO-Generaldirektorin Margaret Chan sagte zu Beginn vergangener Woche,obwohl die Anzahl der bestätigten Infizierungen mit dem Grippevirus A/H1N1 in Japan rasch gestiegen sei, betrage die Alarmstufe der WHO nach wie vor Stufe 5. Die WHO habe derzeit nicht vor, die Alarmstufe auf 6 zu erhöhen. Diese Stufe wird nach den gegenwärtigen Normen der WHO erst ausgerufen, wenn sich ein Virus außerhalb eines Gebiets im großen Maße ausgebreitet hat. Aktuell scheint es, als ob das Virus A/H1N1, was die Verbreitung betrifft, die Bedingungen zur Ausrufung der Stufe 6 erfüllt. Allerdings erklärte Margaret Chan, die jetzige Regelung der Alarmstufen sei vor einigen Jahren nach dem Aufkommen des Vogelgrippevirus H5N1 festgelegt worden. Das H5N1-Virus sei sehr gefährlich gewesen, die Sterblichkeitsrate habe 50 bis 60 Prozent betragen. Das Virus A/H1N1 führe zu ganz anderen und auch unterschiedlichen klinischen Symptomen. Die WHO-Generaldirektorin sagte weiter, in Gebieten außerhalb Mexikos sei die Ansteckungsgefahr relativ abgeschwächt worden. Einige Patienten seien sogar ohne medizinische Hilfe genesen. Daher habe die WHO beschlossen, die Alarmstufe 5 weiterhin beizubehalten.
Die Stellungnahme von Margaret Chan läßt vermuten, dass die bestehenden Normen nicht so umfassend und wissenschaftlich sind wie es vielleicht erforderlich wäre. Eine Revidierung der Normen entspräche daher der Anpassung an die neuen Gegebenheiten.
Eine konkrete Revidierung der Normen gab der assistierende Generaldirektor der WHO, Keiji Fukuda, jedoch noch nicht bekannt. Allerdings kann man von den Äußerungen verschiedener WHO-Vertreter und Gesundheitsexperten Rückschlüsse über die möglichen Inhalte ziehen. So sollen offensichtlich bei der Festlegung neuer Normen auch die Faktoren Toxizität, Verbreitungsgeschwindigkeit und Sterblichkeit berücksichtigt werden. Zudem soll für die Einschätzung wichtig werden, ob sich beispielsweise das A/H1N1-Virus mit dem jahreszeitlich vorherrschenden Grippevirus vermischt. Auch die Ausbreitung, beurteilt nach südlicher oder nördlicher Halbkugel, soll miteinfließen. Die Normen sollen also nicht mehr allein nach Verbreitungsgebiet festgesetzt werden.
Keiji Fukuda sagte zu diesem Thema, mittlerweile befinde sich das Grippevirus in der Anfangsphase der Mutation. Das Virus werde sich in Zukunft noch weiter ausbreiten, diese Entwicklung und die mögliche Mutation des Virus müsse man weiter verfolgen.