Der 50-jährige Tashi ist ein Xianzi-Tänzer der vierten Generation. Aber er kann nicht nur gut Xianzi tanzen, sondern auch fabelhaft Schaffellgeige spielen. Er baut diese Instrumente auch. Über seine Familie sagte Zhaxi:
"Mein Urgroßvater Jintzao war ein bekannter Xianzi-Tänzer der Gegend. Er erhielt den Titel 'Schatzkammer von Xianzi'. Meine Großmutter Jintzao Dawa war schon als kleines Mädchen auf den Xianzi-Tanz versessen. Sie fühlte sich nicht wohl, wenn sie einen Tag ohne Xianzi auskommen musste. Sie hat bis ins hohe Alter von mehr als 80 Jahren getanzt. Meine Mutter ist ebenfalls eine gute Xianzi-Tänzerin. Sie ist zu Xianzi-Vorführungen nach Chengdu und Kunming gereist. Ich habe schon als 8-jähriger bei meiner Großmutter und meiner Mutter den Xianzi-Tanz erlernt."
In Batang gibt es den Xianzi-Tanz seit mehr als 1.000 Jahren. Der Geigespieler spielt dabei eine zentrale Rolle, er gibt den Rhythmus für den Tanz vor und leitet die Sänger. Die Tänzer bilden einen Kreis, schwingen die langen Ärmel ihrer traditionellen Kleidung und tanzen, begleitet von Geigemusik und Gesang, schnelle Schrittfolgen. Der Xianzi-Tanz kann in verschiedenen Stilen vorgetragen werden. Er kann fröhlich, heißblütig und unbefangen sein, aber auch vornehm und zurückhaltend.
Da der Xianzi ein Gruppentanz ist, ist er im Autonomen Gebiet Tibet und in den von Tibetern bewohnten Gebieten in den Provinzen Sichuan und Yunnan sehr populär. Im Extremfall tanzen 1.000 Leute gemeinsam. Auf dem Platz im Zentrum der Kreisstadt Batang wird jeden Abend getanzt. Feiertage und Hochzeiten sind selbstverständlich erst Recht Anlässe zum Singen und Tanzen. Das Yangle-Fest, das jährlich in Batang gefeiert wird, ist eine gute Gelegenheit, den Xianzi-Tanz zu präsentieren. Zhang Apei, der das Fest schon vor Ort erlebt hat, erzählt:
"Im Herbst brechen die Einwohner von Batang zu einem gemeinsamen Ausflug nach Longwangtang auf. Dort schlagen sie Zelte auf und feiern sieben Tage lang ein rauschendes Fest. Dieses traditionelle Fest ist bereits über 200 Jahre alt."
"Yangle" heißt sinngemäß "Abschied vom Sommer". Es ist ein traditionelles Erntedankfest der Tibeter. Im Rahmen dieses einwöchigen Festes gibt es Aufführungen der tibetischen Oper, Pferderennen und Modenschauen. Am Abend vergnügen sich Jung und Alt, Männer und Frauen beim Xianzi-Tanz.
Für die Bewohner von Batang ist der Xianzi-Tanz Entspannung und Unterhaltung zugleich. Xianzi ist eine Mischung aus Gesang und Tanz. Dabei sind nicht nur beim Tanz große Variationen möglich, auch der Gesang kann sehr unterschiedlich sein. Es gibt beispielsweise Opferlieder, Lieder für Zusammenkünfte, Liebes- und Hochzeitslieder, Trauerlieder und Glückwunschlieder und noch vieles mehr. Der Xianzi wird passend zum Anlass dargeboten.
In Batang trafen vor einem Jahrtausend verschiedenste Kulturen aufeinander. Durch das Verschmelzen einheimischer und fremder Kulturen ist der Volkstanz Xianzi entstanden, bis heute wird alles Wissenswerte um den Tanz mündlich überliefert. Vor fünf Jahren wurde Batang vom chinesischen Kulturministerium zur "Heimat des Xianzi" erklärt. Dieses Jahr wurde der Xianzi aus Batang in die Liste des "Immateriellen Kulturerbe Chinas" aufgenommen. Knapp 10.000 Xianzi-Stücke haben sich in Batang erhalten. Der tibetische Komponist Zeduo nennt den Xianzi aus Batang einen "Kunstschatz der Nation":
"Im Xianzi zeigt sich die Natur- und Heimatliebe der Bewohner Batangs. Der Tanz ist ein Symbol für den Geist und die Seele des tapferen und fleißigen tibetischen Volkes, melodisch ist der Xianzi anspruchsvoll."
Da der Xianzi bis heute ausschließlich mündlich überliefert worden ist, ist es schwer, das Repertoire, die Tanztechnik und die musikalische Untermalung zu systematisieren. Zudem gibt es heute viel zu wenig Künstler, die diese traditionelle Kunstform originalgetreu präsentieren können. Um dieses volkstümliche Kulturgut besser schützen zu können, haben die zuständigen Behörden Batang zur "Heimat des Xianzi" gemacht.